Sicherheit und Freiheit – zwei konkurrierende, widersprüchliche Ziele? Neue, intelligente Verfahren der Videoanalyse sind in der Lage, erhöhte Sicherheit mit verbessertem Schutz der Persönlichkeitsrechte zu kombinieren. Das beweist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB mit seinen neuesten Entwicklungen in diesem Bereich, von denen sich kürzlich auch der baden-württembergische Staatssekretär Martin Jäger bei einem Besuch einen Eindruck verschaffte. Eine hohe Aktualität hat das Thema intelligente Videoüberwachung durch das jüngst verabschiedete baden-württembergische Polizeigesetz, das erstmals einen rechtlichen Rahmen für solche Methoden schafft.
Das neue Polizeigesetz erlaubt eine intelligente Videoüberwachung zukünftig im präventiv-polizeilichen Bereich in drei Fällen: an Kriminalitätsschwerpunkten, bei »gefährdeten Objekten« sowie bei öffentlichen Veranstaltungen, sofern dort terroristische Anschläge drohen.
Parallel zur bisherigen Videoüberwachung erstmals in der realen Anwendung getestet und weiterentwickelt werden soll die intelligente Technik in einem Modellprojekt in Mannheim. Vor diesem Hintergrund zeigten sich Martin Jäger, Staatssekretär im Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg, und der Landtagsabgeordnete Ulli Hockenberger (CDU) angetan von den aktuellen Forschungsarbeiten und -ergebnissen des Fraunhofer IOSB, die ihnen bei einem Besuch in Karlsruhe im Dezember präsentiert wurden.
»Den gebotenen Datenschutz technisch erzwingen«
»Unter anderem bei der Videoauswertung ist uns Privacy ein wichtiges Anliegen«, betonte der Leiter des Forschungsinstituts, Prof. Dr.-Ing. habil. Jürgen Beyerer. »Unser Ansatz besteht darin, den gebotenen Datenschutz und Schutz der Persönlichkeitsrechte technisch zu erzwingen. Nur so werden solche Systeme unserer Überzeugung nach Akzeptanz finden.«
Wie das funktioniert, erläuterte Dr.-Ing. Markus Müller, Sprecher des Geschäftsfelds »Zivile Sicherheit« am Fraunhofer IOSB: Während bei konventioneller Überwachungstechnik jede Person in höchster Auflösung erfasst und gespeichert wird, auch wenn sie harmlosen Alltagsgeschäften nachgeht, biete die intelligente Videoüberwachung die Möglichkeit der »kaskadierten Anonymisierung«:
»Dabei werden irrelevante Bereiche, Szenen und Personen von der Technik beispielsweise verpixelt oder ganz ausgeblendet.« Nur wenn ein Algorithmus Verdächtiges entdeckt, stellt das System das Bild scharf und alarmiert den menschlichen Operator. Müller: »Dafür haben wir Verfahren in Entwicklung, die beispielsweise tätliche Übergriffe oder abgestellte und verwaiste Gegenstände erkennen sollen.« Die Software arbeitet handlungsbasiert. Sie ist also darauf ausgerichtet, Handlungsmuster zu erkennen.
Automatische Suche nach bestimmten Merkmalen
Neben diesem präventiven Aspekt können intelligente Videoauswerteverfahren auch bei der nachträglichen Ermittlungsarbeit wichtige Unterstützung leisten, sofern in der Strafprozessordnung die rechtliche Ermächtigungsgrundlage besteht. Als Beispiel nannte Müller die Erkennung sogenannter soft biometrischer Merkmale wie etwa bestimmter Accessoires, Haarfarbe oder Körpergröße.
»Solche Merkmale sind größtenteils veränderbar und aufgrund ihrer geringen Unterscheidungsfähigkeit nicht zur Identifikation geeignet.« Trotzdem könne die automatisierte Suche nach soft biometrischen Merkmalen in Videodaten den Ermittlern nach einer Straftat helfen: »In vielen Fällen sitzen Polizeibeamte heute oft endlose Stunden vor dem Bildschirm, um unzählige Videos zu sichten. Unsere Systeme können diese mühsame Arbeit der Polizeibeamten massiv erleichtern und verkürzen«.
Das Fraunhofer IOSB arbeitet seit Jahren an der Entwicklung und kontinuierlichen Verbesserung von musterbasierten Algorithmen zur automatischen Recherche in Bild- und Videodaten. Eine entsprechende Software ist bei manchen Landeskriminalämtern bereits im Einsatz.
Die Fraunhofer-Gesellschaft ist die führende Organisation für angewandte Forschung in Europa. Unter ihrem Dach arbeiten 70 Institute und Forschungseinrichtungen an Standorten in ganz Deutschland. Eines davon ist das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB mit insgesamt rund 500 Mitarbeitern in Karlsruhe, Ettlingen, Ilmenau, Lemgo, Görlitz und Peking. Seine Forschungsschwerpunkte sind Industrie 4.0, Informationsmanagement sowie multisensorielle Systeme, die den Menschen bei der Wahrnehmung seiner Umwelt und der Interaktion unterstützen. www.iosb.fraunhofer.de
Ansprechpartner:
Dipl.-Phys. Ulrich Pontes | Pressesprecher | Telefon +49 721 6091-300 | ulrich.pontes@iosb.fraunhofer.de
Dr.-Ing. Markus Müller | Telefon +49 721 6093-250 | Mobil +49 172 6875508 | markus.mueller@iosb.fraunhofer.de
https://www.iosb.fraunhofer.de/servlet/is/79498/
Dipl.-Phys. Ulrich Pontes | Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB
Weitere Berichte zu: > Bildauswertung > Datenschutz > Fraunhofer-Institut > Handlungsmuster > IOSB > Optronik > Software > Systemtechnik > Videodaten > Videoüberwachung > intelligente Videoüberwachung
Industrie 4.0: Fremde Eindringlinge im Unternehmensnetz erkennen
16.04.2018 | Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT
Die Thermodynamik des Rechnens
11.04.2018 | Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
Physiker des Labors für Attosekundenphysik, der Ludwig-Maximilians-Universität und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik haben eine leistungsstarke Lichtquelle entwickelt, die ultrakurze Pulse über einen Großteil des mittleren Infrarot-Wellenlängenbereichs generiert. Die Wissenschaftler versprechen sich von dieser Technologie eine Vielzahl von Anwendungen, unter anderem im Bereich der Krebsfrüherkennung.
Moleküle sind die Grundelemente des Lebens. Auch wir Menschen bestehen aus ihnen. Sie steuern unseren Biorhythmus, zeigen aber auch an, wenn dieser erkrankt...
Physicists at the Laboratory for Attosecond Physics, which is jointly run by Ludwig-Maximilians-Universität and the Max Planck Institute of Quantum Optics, have developed a high-power laser system that generates ultrashort pulses of light covering a large share of the mid-infrared spectrum. The researchers envisage a wide range of applications for the technology – in the early diagnosis of cancer, for instance.
Molecules are the building blocks of life. Like all other organisms, we are made of them. They control our biorhythm, and they can also reflect our state of...
Schweißen ist noch immer die Standardtechnik, um Metalle miteinander zu verbinden. Doch das aufwändige Verfahren unter hohen Temperaturen ist nicht überall...
Ein computergestütztes Netzwerk zeigt, wie die Ionenkanäle in der Membran von Nervenzellen so verschiedenartige Fähigkeiten wie Kurzzeitgedächtnis und Hirnwellen steuern können
Nervenzellen, die auch dann aktiv sind, wenn der auslösende Reiz verstummt ist, sind die Grundlage für ein Kurzzeitgedächtnis. Durch rhythmisch aktive...
Von einer einzigen Stammzelle zur Vielzahl hochdifferenzierter Körperzellen: Den vollständigen Stammbaum eines ausgewachsenen Organismus haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Berlin und München in „Science“ publiziert. Entscheidend war der kombinierte Einsatz von RNA- und computerbasierten Technologien.
Wie werden aus einheitlichen Stammzellen komplexe Körperzellen mit sehr unterschiedlichen Funktionen? Die Differenzierung von Stammzellen in verschiedenste...
Anzeige
Anzeige
Fraunhofer eröffnet Community zur Entwicklung von Anwendungen und Technologien für die Industrie 4.0
23.04.2018 | Veranstaltungen
Mars Sample Return – Wann kommen die ersten Gesteinsproben vom Roten Planeten?
23.04.2018 | Veranstaltungen
Internationale Konferenz zur Digitalisierung
19.04.2018 | Veranstaltungen
23.04.2018 | Physik Astronomie
Sauber und effizient - Fraunhofer ISE präsentiert Wasserstofftechnologien auf Hannover Messe
23.04.2018 | HANNOVER MESSE
Fraunhofer IMWS entwickelt biobasierte Faser-Kunststoff-Verbunde für Leichtbau-Anwendungen
23.04.2018 | Materialwissenschaften