Forscher entwickeln virtuelles Lehrkrankenhaus

Forscher an der University of Leicester arbeiten an einem virtuellen Lehrkrankenhaus, das Medizinstudenten ermöglicht, anhand von Simulationen mit realen Patientendaten zu lernen. Den Anstoß für dieses „Virtual Teaching Hospital System“ (VTHS) gab der in Leicester tätige Mediziner John Omara.

Er hofft, durch ein geeignetes Computersystem die medizinische Betreuung in ländlichen Regionen Afrikas zu verbessern. „Diese ursprüngliche Vision bleibt als Fernziel bestehen“, betont Reiko Heckel, Professor für Softwareentwicklung an der University of Leicester, im Gespräch mit pressetext. In näherer Zukunft könnte das System zunächst zum Einsatz kommen, um Spitalspraktika zu unterstützen und dabei Wissen zu sammeln. Technologisch soll das VTHS insbesondere dank Projektarbeiten von Informatik-Studenten reifen.

Das virtuelle Krankenhaus in seiner gegenwärtigen Form kann bei simulierten Fällen Diagnosevorschläge machen und Feedback zu den diagnostischen Entscheidungen von Stundenten geben, um so die theoretische Ausbildung zu unterstützen. Dabei kann Studenten auch näher gebracht werden, wie wichtig einzelne Symptome im klinischen Gesamtbild sind. Doch das Web-basierte System soll auf Dauer nicht auf Simulationen beschränkt bleiben. „Die Idee ist auch, Studenten bei Praktika in Krankenhäusern zu unterstützen“, erklärt Heckel. Es könnte in der Supervision der Praktikanten zum Einsatz kommen, um das Feedback zu ihren Diagnose- und Behandlungsvorschlägen bei realen Fällen zu verbessern. Das wäre eventuell auch für eine Weiterentwicklung des Systems von Vorteil. Es könnte anhand neuer Fälle ebenfalls dazulernen und dadurch in seinen eigenen Diagnosevorschlägen besser werden. „Der Ansatz, mit einem E-Learning-System Erfahrungen zu sammeln, um so eventuell ein System für die Praxis zu entwickeln, ist sehr interessant“, meint Heckel.

Derzeit steckt das System aus Leicester freilich noch in den Kinderschuhen, im Gegensatz beispielsweise zu „CAMPUS“, dem System für virtuelle Patienten der Medizinischen Fakultät Heidelberg http://www.medizinische-fakultaet-hd.uni-heidelberg.de . „CAMPUS ist für die Lehre derzeit sicher ausgereifter, aber meines Wissens nach ein fallbasiertes System“, sagt Heckel. Da das VTHS-System im Unterschied dazu eine allgemeine Wissensbasis anstrebe, habe es langfristig mehr Potenzial, um das Fernziel eines umfassenden Diagnose-Systems zu erreichen. „Dazu müsste man schon eine wasserdichte Wissensbasis haben“, betont der Informatiker gegenüber pressetext. Davon sei man vorerst noch weit entfernt, eher denkbar seien seiner Ansicht nach spezialisierte Systeme für bestimmte Themenbereiche.

Das Projekt ist aber nicht nur für die medizinische Lehre interessant. Da es effektiv „einen Kunden mit eigener Fachsprache“ gibt, können auch seine Informatik-Studenten profitieren und gleichzeitig das VTHS-Projekt vorantreiben, so Heckel. Denn in Semesterprojekten für Studenten im zweiten Jahr wird an der Weiterentwicklung des System gearbeitet.

„Jetzt geht es unter anderem darum, simulierte Patientendialoge umzusetzen“, beschreibt der Professor. Dabei entwickeln mehrere Projektgruppen aus jeweils sechs bis acht Stundenten jeweils einen eigenen Lösungsansatz. „Wir wählen schließlich das beste Projekt aus, das dann noch verfeinert wird“, erklärt Heckel. So lernen die Informatik-Studenten praxisorientiert, während dieser Ansatz eine möglichst hochwertige Weiterentwicklung des medizinischen Lehrsystems sichern soll.

Media Contact

Thomas Pichler pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.le.ac.uk

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