Digitalisierung verkürzt Planungsprozess für Schmiedeteile

Stadienplanung: In drei Schritten vom Halbzeug zur Kurbelwelle. Quelle: IPH/Philipp Cartier

Vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Schmiedebranche müssen aus Wettbewerbsdruck schnell produzieren und haben häufig nicht die Zeit und die Kapazitäten, die Auslegung der Stadienfolge für ein neues Bauteil ressourceneffizient zu planen. In einzelnen Produktionsschritten wird dabei die Rohform, das sogenannte Halbzeug, in das gewünschte Bauteil umgeformt.

Die Effizienz des Prozesses ist von den Erfahrungen des Konstrukteurs abhängig. Diese Erfahrungen und das gesammelte Fachwissen werden nun vom IPH systematisch erfasst und in mathematische Formeln gegossen. Mithilfe dieser formeltechnisch beschriebenen Randbedingungen soll ein Software-Demonstrator in der Lage sein, automatisiert eine besonders materialeffiziente Stadienplanung zu erstellen.

Das Forschungsprojekt wird über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen Otto von Guericke e.V. (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.

„Nach der alten Methode dauerte dieser Planungsprozess teilweise Wochen, in Zukunft geht das in Minuten“, erklärt Yorck Hedicke-Claus vom IPH den Vorteil des neuen Verfahrens. Bisher wird die Finite-Elemente-Methode (FEM) verwendet, um die Umformung geometrisch komplexer Körper zu modellieren und den Prozess entsprechend auszulegen.

Dabei konnten Konstrukteure mittels eines Computerprogramms den Weg vom Halbzeug zum gewünschten Bauteil planen. Die neue Methode zur effizienten Stadienplanung dreht diesen Prozess um: Unter Beachtung der umformtechnischen Regeln generiert eine Berechnung den Weg rückwärts vom Bauteil zum Halbzeug und erstellt so die einzelnen Stadien des Umformprozesses.

„Die Betriebe sparen dadurch Zeit in der Entwicklungsphase der Stadienfolge sowie Material und Energie in der Produktion“, sagt Yorck Hedicke-Claus. Denn bei einer optimalen Planung reduziert sich der Grantanteil und auch die benötigte Energie, um das Halbzeug zu formen.

Zuerst müssen die Forscher des IPH dafür die Anforderungen an eine prozesssichere Umformung mathematisch erfassen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Riss- und Faltenbildung verhindert werden müssen. Ausgangspunkt der Methode ist eine 3D-Skizze des gewünschten Bauteils im CAD-Format, von der die Forscher Größe, Kontur und andere geometrische Daten ermitteln.

Dieses Modell unterteilen sie dann in verschiedene Ebenen und bestimmen für jeden dieser Querschnitte den Flächeninhalt und den Schwerpunkt. Daraus lässt sich die Schwerpunktlinie im dreidimensionalen Raum und die Massenverteilung um diese Linie herum ermitteln. Diese Werte werden dann Schritt für Schritt an die Massenverteilung des ursprünglichen Halbzeugs angenähert.

An dieser Stelle werden die in der Schmiedetechnik bekannten umformtechnischen Randbedingungen relevant – zum Beispiel die maximal mögliche Querschnittsänderung pro Stadie oder die gewünschte Menge des überschüssigen Materials, der Grantanteil. Dieses Wissen gehört beim normalen Planungsprozess zum Fach- und Erfahrungswissen der Konstrukteure. Da diese Regeln nun allerdings mathematisch erfasst und in das Programm eingespeist werden, kann in Zukunft unabhängig vom Fachpersonal darauf zugegriffen werden.

Das Computerprogramm generiert nun auf Grundlage dieser Regeln Schritt für Schritt die Verschiebungen vom Schmiedeteil zurück zum Ursprungsobjekt. Die Anzahl der Schritte ist dabei abhängig von der Komplexität des Bauteils. „Das Programm soll am Ende eine erste mögliche Stadienfolge herausgeben“, erläutert Yorck Hedicke-Claus vom IPH. „Die Stadienanzahl lässt sich aber auch anpassen. Mehr Stadien sind kein Problem. Sollen es aber weniger sein, muss man Abstriche zum Beispiel beim Materialverbrauch in Kauf nehmen.“

Haben die Forscher vom IPH die Programmierungsarbeit abgeschlossen, erfolgen umfassende Test- und Anpassungsphasen. Zuerst wird die Methode an komplexen Bauteilgeometrien getestet, auf Umsetzbarkeit geprüft und entsprechend angepasst. Im nächsten Schritt vergleichen sie das neue Programm mit der bisher verwendeten FEM-Simulation und überprüfen die Qualität der Ergebnisse. Abschließend führen sie eine experimentelle Validierung durch: Die Forscher vergleichen die auf diese Weise erstellte Stadienfolge mit den bereits in der Industrie angewandten Methoden.

http://stadienplanung.iph-hannover.de

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Niklas Kleinwächter idw - Informationsdienst Wissenschaft

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