Diätkur für Infrarotkameras

Die neue Testkamera hilft dabei, kleinere, leichtere und energieeffizientere Infrarotgeräte zu bauen.<br>© Fraunhofer IMS

Wenn das Thermometer draußen Minusgrade anzeigt, wollen wir es in unseren vier Wänden gemütlich warm haben. Doch vor allem bei älteren Gebäuden heizt man sein Geld oftmals zum Fenster hinaus. Schuld sind versteckte Dämmfehler oder undichte Stellen an Fenstern oder Dachanschlüssen.

Äußerlich sind die Schwachstellen nicht auszumachen – es sei denn, man betrachtet das Gebäude durch das Objektiv einer Infrarotkamera. Diese ist mit speziellen Sensoren ausgestattet, die Temperaturunterschiede am Gebäude erkennen. Wärmebrücken, an denen die Wärme schneller nach außen dringt, werden in diesen bauthermografischen Aufnahmen auf einen Blick sichtbar.

Der Haken an der Sache: Um auch kleinste Temperaturunterschiede erfassen zu können, benötigt man Hochleistungs-Detektoren für den fernen Infrarotbereich. Diese müssen jedoch permanent auf frostige minus 190 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Die Kameras sind durch die zusätzliche Kühlung sehr groß, schwer und verbrauchen viel Energie.

Bilder sofort auf dem PC

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS entwickeln Infrarot-Sensoren für den fernen Infrarotbereich, die auch bei Raumtemperatur funktionieren. Eine neue Testkamera des Duisburger Instituts soll künftig die Produktentwicklung auf Basis dieser ungekühlten Detektoren vereinfachen: »Es ist sehr aufwändig, aus einem neuen Detektor ein Bild zu erzeugen. Der Sensor muss dazu zunächst an den jeweiligen Kameratyp angepasst werden. Wir wollen den Aufwand jetzt reduzieren, indem wir für unsere Detektoren eine passende Testkamera anbieten, mit der sich sofort Bilder am PC generieren lassen«, erläutert Dr. Dirk Weiler vom Fraunhofer IMS.

Die »EVAL – IRFA-Kamera« kann nicht nur schneller Infrarot-Fotomaterial bereitstellen: Während bei marktüblichen Infrarot-Kameras die Bildverarbeitung bereits integriert ist, die etwa Temperaturkanten schärft oder Oberflächen glättet, bildet das Modell der Duisburger Forscher jedes Pixel originalgetreu ab. Denn im späteren Betrieb ist es zwar sinnvoll, die Aufnahmen optisch zu verbessern, in der Entwicklungsphase ist das dagegen kontraproduktiv: Leistungsfähigkeit und Funktionsweise lassen sich nur anhand der Rohdaten eines Detektors bewerten und an die jeweilige Anwendung anpassen. »Da unsere Kunden aus unterschiedlichsten Bereichen kommen, stellen sie oftmals sehr spezifische Anforderungen an den Sensor – beispielsweise in Bezug auf die optische oder die wärmeempfindliche Auflösung«, erklärt Weiler. »Wenn wir hier während der Entwicklungsarbeiten noch an der ein oder anderen Stellschraube drehen, kann der Kunde das Ergebnis mithilfe unserer Kamera sofort im realen Bild überprüfen.«

In diesem Jahr wollen die Duisburger Forscher ihre Kamera von 3. bis 5. Juni auf der Sensor & Test in Nürnberg vorstellen. Ziel ist es, die ungekühlten IR-Detektoren schneller in die Anwendung zu bringen. Der Bedarf ist da, ist sich Weiler sicher: »Unsere Technologie eröffnet vor allem für mobile Anwendungen ganz neue Optionen, da sie zu kleineren, leichteren und energieeffizienteren Kamerasystemen führt«.

Das ist nicht nur für die Bauthermographie interessant: Als Assistenzsystem in Fahrzeugen könnten IR-Kameras den Straßenverkehr sicherer machen, da sich Menschen oder Tiere auf einer unbeleuchteten Fahrbahn auch aus großer Entfernung erkennen ließen – ohne dass der Gegenverkehr durch Fernlicht geblendet wird. Aber auch beim überwachen von Gebäuden oder beim Monitoring von Produktionsmaschinen könnten Infrarot-Kameras gute Dienste leisten.

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Dirk Weiler Fraunhofer Forschung Kompakt

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