Dem Computer beibringen, sich zu versprechen

Professor Dr. David Schlangen erforscht, welche Bedeutung vermeintliche Sprechstörer wie Lachen und Versprecher für das gesagte Wort haben. Foto: CITEC/Universität Bielefeld

Was bringt es, wenn Menschen sich in Gesprächen versprechen? Mit dieser Frage befasst sich ein neues Forschungsprojekt der Universität Bielefeld und der Université Paris Diderot (Frankreich). In dem dreijährigen Projekt soll untersucht werden, welche Bedeutung Lacher, Versprecher und Ausrufe für die mündliche Sprache haben. Die Ergebnisse sollen genutzt werden, um Sprachdialogsystemen die natürliche Verständigung mit Menschen beizubringen.

Wenn Menschen sprechen, dann versprechen sie sich nicht selten, sie lachen und sie machen Ausrufe wie „oh“, „Echt?“ und „Ah“. „Diese Elemente der Sprache wurden in der Forschung allerdings bislang stiefmütterlich behandelt. Wir wollen das ändern und sie in eine Theorie des Sprachgebrauchs integrieren.

Denn offenbar haben Elemente wie Versprecher oder Pausen wichtige Funktion für die mündliche Sprache“, sagt Professor Dr. David Schlangen. Er leitet die Forschungsgruppe „Angewandte Computerlinguistik“ an der Fakultät Linguistik und Literaturwissenschaft. Die Forschungsgruppe gehört zum Exzellenzcluster Kognitive Interaktionstechnologie (CITEC) der Universität Bielefeld.

Lachen könne im Gespräch mehrere Funktionen haben, erklärt Schlangen. „Es kann zum Beispiel die Schärfe des Gesagten verringern oder es kann signalisieren, dass dem Sprecher das Gesagte peinlich ist.“ Auch Versprecher können dem Sprecher nützen: „Etwa wenn er unter Zeitdruck etwas sagen muss, es aber gedanklich noch nicht ausformuliert hat.“

Dann fängt der Sprecher einen Satz an und muss mittendrin ein Wort korrigieren, weil es nicht zu dem nachfolgenden Wort passt, das ihm gerade eingefallen ist („Kannst du mir bitte die … das Wasser reichen?“). „Der Vorteil ist, dass die jeweilige Person durch den Versprecher Zeit gewinnt, um seine Gedanken zu sortieren“, erklärt David Schlangen.

Die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wollen herausfinden, nach welchen Regeln Versprecher, Ausrufe und Lacher in der mündlichen Sprache eingesetzt werden. „Danach wollen wir diese Regeln in ein Computersystem einbauen, das sprechen kann“, sagt Schlangen. Solche Sprachdialogsysteme werden heutzutage schon in Telefonhotlines eingesetzt, um Anrufern zu assistieren.

„Gerade im Gespräch mit solchen Systemen entstehen Missverständnisse. Unser System kann künftig über sich selber lachen, wenn es etwas nicht richtig verstanden hat und dann seine Frage wiederholen“, erklärt der Linguist.

Das Projekt mit dem Titel „Disfluenzen, Ausrufe und Lacher“ beginnt in diesem Monat und läuft bis März 2017. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Agence Nationale de la Recherche (ANR – Nationale Agentur für Forschung) in Frankreich finanzieren das Projekt mit jeweils 280.000 Euro.

Kontakt:
Prof. Dr. David Schlangen, Universität Bielefeld
Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft
Telefon: 0521 106-67323
E-Mail: david.schlangen@uni-bielefeld.de

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Jörg Heeren idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-bielefeld.de

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