BMBF-Projekt des Monats: CARE – ein empathisches kontextbewusstes Empfehlungssystem für Senioren

Seniorin bei der Interaktion mit dem in ihrer Küche installierten CARE-Prototyp. Foto: BMBF

Das Phänomen einer alternden Gesellschaft ist mittlerweile in allen industrialisierten Ländern zu beobachten. In Griechenland und Deutschland gestaltet sich der demographische Wandel besonders dramatisch. Nach einer Studie von Eurostat haben beide Länder den höchsten Prozentsatz an älteren Menschen in Europa zu verzeichnen.

Gleichzeitig liegt auch die Lebenserwartung der Generation 65+ in beiden Ländern über dem europäischen Durchschnitt. Während eine höhere Lebenswartung als positive Errungenschaft zu betrachten ist, wird sie gleichzeitig von enormen gesellschaftlichen Herausforderungen begleitet.

Hierzu zählen soziale Isolation und fehlende soziale Teilhabe von alleinlebenden älteren Menschen, Verlust der Unabhängigkeit aufgrund von körperlicher Beeinträchtigung sowie Inaktivität und fehlende Initiative von älteren Menschen.

Das vom BMBF geförderte Verbundvorhaben CARE (a sentient Context-Aware Recommender system for the Elderly) mit den Konsortialpartnern Universität Augsburg, Hochschule Augsburg und der National Technical University of Athens untersucht das Konzept der empathischen Stimulierung, um Wohlbefinden und Lebensqualität von alleinlebenden älteren Menschen in Griechenland und Deutschland durch unaufdringliche Empfehlungen für Aktivitäten zu steigern.

Die CARE-Demonstratoren zeichnen sich durch folgende Funktionen aus:

• Aufzeichnung von Sensordaten: Zum einen kommen dabei am Körper getragene Vitalsensoren (z.B. Puls, Hautleitwert) zum Einsatz. Zum anderen wird auf Sensoren zur Erfassung von Umgebungsparametern (z.B. Temperatur, CO2-Konzentartion, Geräuschpegel, Helligkeit) zurückgegriffen.

• Sensordatenanalyse und -interpretation: Mittels geeigneter Analyse und Fusionsverfahren werden aus den aufgezeichneten Vitalparametern Schlussfolgerungen über die physische Verfassung und den aktuellen Gemütszustand des Nutzers getroffen. Die im Wohnumfeld integrierten Sensoren liefern Information zur Einschätzung der Umgebung, etwa ob das aktuelle Raumklima als behaglich wahrgenommen wird oder welche Beleuchtungssituation vorliegt.

• Situative Generierung personalisierter Empfehlungen: Auf der Basis der Sensordatenanalyse wird entschieden, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Häufigkeit welche physische, mentale oder soziale Aktivität empfohlen werden. Zu den Beispielen gehören Empfehlungen, was gekocht bzw. gegessen werden könnte, wen man mal wieder anrufen könnte oder welche Veranstaltungen einen Besuch wert wären. Andere Empfehlungen nehmen direkt auf das physische Wohlbefinden Bezug, etwa die Aufforderung ein Glas Wasser zu trinken oder kurz zu lüften.

• Situative Darbietung personalisierter Empfehlungen: Hier geht es um die Frage, mit welchen Medien (z.B. Text, Grafik, Animation, Sound) und über welche Displaygeräte eine Empfehlung dem Nutzer übermittelt werden soll, damit die Darbietung situativ angemessen und auch effektiv ist.

Zur Integration von Displaytechnik im Wohnumfeld bietet sich eine Reihe von Optionen an, etwa digitale Bilderrahmen, Tablets, ein in der Wohnung bereits vorhandenes Fernsehgerät, aber auch Alltagsgegenstände, wie Möbel, Küchengeräte oder Kleidungsstücke, welche mit Informationstechnik erweitert werden, um zusätzliche Funktionen zu übernehmen.

Ein erster CARE-Prototyp wurde in Form einer Pinnwand mit digitalem Bilderrahmen fertiggestellt und in einer Seniorenwohnung in Augsburg für einen ersten mehrwöchigen Testlauf installiert. Die Besonderheit: Die Installation registriert mittels Sensoren Nutzerpräsenz sowie Umgebungsparameter, um so möglichst passende Empfehlungen zur Steigerung des Wohlbefindens zwischen die im Bilderrahmen sonst gezeigten Motiv-, Familien- und Urlaubsfotos einzustreuen.

Die Abbildung zeigt eine 76-jährige Seniorin bei der Interaktion mit dem in ihrer Küche installierten CARE-Prototyp. Am Handgelenk trägt sie ein mit Sensoren ausgestattetes Armband, das Finger- und Handbewegungen aufzeichnet. So lässt sich u. a. rückverfolgen, ob die von CARE empfohlenen Übungen zur Revitalisierung ihrer durch einen Schlaganfall beeinträchtigten Hand auch tatsächlich ausgeführt wurden. Bei der Interpretation der Sensordaten kommt ein am Augsburger Lehrstuhl André entwickeltes Werkzeug zur synchronisierten Aufzeichnung und Analyse von physiologischen Signalen (Open SSI) zum Einsatz.

Der Testbetrieb unter realen Einsatzbedingungen hat bereits wertvolle Hinweise über eine Reihe im Labor nicht zu klärender Fragestellungen zur Validierung und Alltagstauglichkeit von CARE geliefert. So zum Beispiel welche Sensordaten zur Personalisierung und Kontextualisierung von Empfehlungen zweckmäßig aber auch unaufdringlich erfassbar sind, in welchen Situationen die von CARE dargebotenen Empfehlungen von den Nutzern geschätzt und angenommen werden und schließlich ob diese dann auch tatsächlich einen Beitrag zum Wohlbefinden leisten.

Installationen in weiteren Seniorenwohnungen sind geplant. Um den kulturspezifischen Einfluss auf den Umgang mit Technologie sowie die Verhaltensmuster deutscher und griechischer Senioren zu berücksichtigen, wird ein auf der CARE Technologie basierendes Lifestyle Empfehlungssystem auch in griechischen Seniorenhaushalten installiert und getestet.

Mehr zu CARE:
http://www.care-project.net

Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Elisabeth André
Lehrstuhl für Multimodale Mensch-Technik Interaktion
Universität Augsburg
86135 Augsburg
andre@informatik.uni-augsburg.de

Quelle:
http://pt-ad.pt-dlr.de/de/530.php 

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Klaus P. Prem idw - Informationsdienst Wissenschaft

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