Uni Stuttgart verfügt über größten Roboterschwarm der Welt

Mikroroboter werden immer kompakter und gleichzeitig immer leistungsfähiger. Treten sie als Gruppe auf, können die nur knapp drei Zentimeter großen Winzlinge beispielsweise Oberflächen auf Defekte untersuchen oder von vorhandenen Verschmutzungen reinigen.

Der aktuell weltgrößte Schwarm setzt sich aus 300 Mikrorobotern zusammen, die alle am Institut für Parallele und Verteilte Systeme der Universität Stuttgart (Prof. Paul Levi) entwickelt und gefertigt wurden. Die Wissenschaftler untersuchen daran, wie sich die „digitalen Arbeitsbienen“ organisieren und wie eine so genannte Schwarmintelligenz entstehen kann.

Roboterschwärme dieser Größe unterscheiden sich von kleinen Robotergruppen hinsichtlich der Koordinations- und Wahrnehmungsprinzipien sowie in ihrer Betätigung. Sie ermöglichen es, zu verstehen, wie die für sich genommen eingeschränkten Agenten in der Lage sind, komplexe gemeinsame Verhaltsweisen zu demonstrieren und Entscheidungen zu treffen. Solche Entscheidungen beruhen jedoch nicht auf individuellen, sondern auf kollektiven Eigenschaften von Robotern. Die Untersuchungen von kollektiven Eigenschaften stehen deshalb im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten.

Als Vorbilder dienen dabei soziale Insekten wie Ameisen und Bienen, deren Schwarmverhalten die Wissenschaftler analysieren und modellieren. In solchen Gruppen ist nur die Masse der Individuen in der Lage, durch die selbstorganisierte Zusammenarbeit und durch die Abstimmung von eigenen Verhaltensregeln die eingegebenen Aufgaben zu erfüllen und somit kollektive Entscheidungen herbeizuführen. Was in der Natur so selbstverständlich scheint, ist bei den „digitalen Bienen“ jedoch eine große Herausforderung. Hier gilt es, Wahr-nehmungs-, Steuerungs- und Kommunikationsmechanismen für Mikroroboter zu entwickeln, die aufgrund ihrer geringen Größe und ihres Gewichtes sehr begrenzt sind und trotzdem miteinander und mit ihrer Umgebung lokal agieren sollen.

Hilfreich für die Medizin

Für Forschungsfelder wie die Nano- und Biotechnik sind die Untersuchungen vielversprechend. So bestehen beispielsweise mikrobiologische Systeme aus Millionen von Agenten – hier Bakterien oder Moleküle – , die sich gegenseitig beeinflussen. Versteht man die verborgenen Prinzipien dieser Wechselwirkungen, kann dies für Medizin und Gesundheit sehr hilfreich sein. Gedacht ist insbeson-dere an Inspektions- und „Reparatur“-Arbeiten im Inneren eines menschlichen Organismus. Hierzu sind zwei Wege vorstellbar. So könnten die Silizium-Winzlinge entweder noch kleiner und mit Molekülen „gepaart“ werden, um mittels physikalischer (chemischer) Wechselwirkungen gezielt an die jeweiligen Körperstellen manövriert zu werden. Hier könnten sie beispielsweise durch Mikrokameras Überwachungsaufgaben übernehmen und durch Mikrogreifer Adern säubern oder dehnen. Eine andere Vorgehensweise könnte darin bestehen, die „Silizium/Molekül“-Einheiten durch äußere Magnetfelder dorthin zu navigieren, wo sie gebraucht werden. Beide Ansätze sind gegenwärtig noch hoch spekulativ, doch darf nicht übersehen werden, dass ähnliche Gedanken weltweit in den Robotik- und Gen-Laboratorien zu reifen beginnen.

Die Untersuchungen sind eingebunden in das Projekt „Kollektive Mikrorobotik“, in dem Wissenschaftler der Universitäten Stuttgart und Karlsruhe zusammenar-beiten. Ihr Ziel ist es, die Prinzipien und Mechanismen der Mikro-Welt zu analysieren und darauf basierend die Hard- und Softwarearchitektur, Verfahren, Methoden und Algorithmen für kollektive technische Systeme zu entwickeln, damit gezielte Selbstorganisationsprozesse zustande kommen.

Als Grundlage für große künstliche Schwärme (ab 100 Mikroroboter) entwickelten Prof. Levi und sein Team die Mikroroboter-Testplattform „Jasmine“ an der Universität Stuttgart. Die Roboter haben eine Höhe von 20 Millimetern und eine Grundfläche von 28 auf 26 Millimeter. Um ihre Umgebung wahrzunehmen und autonom navigieren zu können, sind sie mit einem Infrarot-basierten Sensorsystem ausgestattet. Dadurch sind sie in der Lage, Hindernisse zu erkennen, auszuweichen und Entfernungen zu messen. Farbsensoren ermöglichen es den Agenten zudem, bunte Objekte zu erkennen. Die Motivation der Mikroroboter ist übrigens die gleiche wie im echten Bienenschwarm: Wenn die Batterien leer sind, fühlen sie sich „hungrig“ und suchen gemeinsam nach „Nahrungsquellen“ beziehungsweise der nächsten Ladestation. Und wenn sie die Nahrung nicht finden, sind die Roboter „energetisch“ tot.

Media Contact

Ursula Zitzler idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-stuttgart.de/

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