MUSIC macht Software fit für mobile Anwendungen

So könnte künftig der freie Tag der Berliner Journalistin Julia K. aussehen: Beim Frühstück zuhause wählt sie auf ihrem persönlichen digitalen Assistenten (PDA) die Songs aus, die sie heute hören möchte. In der S-Bahn liest sie auf ihrem PDA die Artikel der Kollegen in Online-Zeitungen, schickt eine kurze Nachricht an ihren Partner und hört dabei gleichzeitig ihre eigene Musikauswahl.

Im Stadtzentrum angekommen, nutzt sie über ihr Gerät ein Fußgängerinformationsportal und erfährt so, dass in der Nähe des S-Bahnhofs eine Boutique neu eröffnet hat. Außerdem liest sie, dass eine Freundin gerade in einem Café um die Ecke sitzt, und schickt ihr gleich eine Nachricht. Für solche ortsbezogenen Informationen hat sie zwei Online-Dienste abonniert. Nach erfolgreichem Einkauf und einem Latte Macchiato mit der Freundin fährt sie wieder zurück nach Hause, wo sich ihr PDA wieder an seine gewohnte Umgebung anpasst.

All diese Dienste werden bald auf mobilen Geräten verfügbar sein. Damit sie funktionieren, muss sich die Software, die dahinter steckt, an die Umgebungsbedingungen anpassen. An dieser Aufgabe arbeitet das europäische Integrierte Projekt „MUSIC“ mit 15 Partnern aus zehn Ländern, darunter große Firmen wie Hewlett Packard (Italien) oder das französische Transportunternehmen RATP, das unter anderem die Pariser Metro betreibt. Deutsche Projektpartner sind die Universität Kassel, die Condat AG, Berlin, und die European Media Laboratory GmbH, Heidelberg. Das Projekt ist auf dreieinhalb Jahre ausgelegt und weist ein Budget von 14 Millionen Euro auf. Die Projektkoordination liegt bei der norwegischen Forschungsorganisation Sintef.

Ziel von MUSIC („self-adapting applications for Mobile USers In ubiquitous Computing environments“) ist es, eine offene Softwareplattform zu schaffen, damit Programmierer künftig „kontextbezogene“, anpassungsfähige Software schreiben können. Unter Kontext versteht man die aktuellen Anforderungen des Benutzers, seiner Umgebung und die technischen Gegebenheiten seiner mobilen Geräte. Die Software muss ihre Ablaufumgebung durch entsprechende Hardware- und Software-Sensoren wahrnehmen und sich automatisch an die sich dynamisch ändernde Umgebung anpassen.

So wird zum Beispiel Julia K. beim Frühstück ihre Songs per Spracheingabe auswählen und mit einer schnelleren Verbindung darauf zugreifen als in der S-Bahn. Die Daten, die sie in der S-Bahn empfängt und sendet, werden verschlüsselt übertragen.

Diesen unterschiedlichen Anforderungen will MUSIC mit einem Paket von Methoden, Werkzeugen und Middleware begegnen. Sie wenden dabei eine Art „Baumarkt-Prinzip“ an: Ein Baumarkt bietet den Kunden genormte Fenster und Türen von verschiedenen Herstellern, in verschiedenen Materialien, Farben und Mustern an. Der Kunde sucht je nach seinem Geschmack, Verwendungszweck und Finanzrahmen die geeigneten aus. In MUSIC stellen Programmierer einzelne Software-Komponenten in verschiedenen Ausführungen zur Verfügung. Sie beschreiben mit Hilfe der MUSIC-Methoden und -Werkzeuge die Eigenschaften der Ausführungen in den verschiedenen Kontextumgebungen. Die MUSIC-Middleware nimmt die Ablaufumgebung war, sucht für die einzelnen Komponenten die geeigneten Ausführungen aus und setzt damit automatisch eine anpassungsfähige Software zusammen.

Dies sei an einem Beispiel erläutert: Über das Fußgängerinformationsportal bucht Julia K. auch ein Hotelzimmer für die Freundin, die sie im Café getroffen hat. Es gibt aber Programme, die für mobile Geräte nicht geeignet sind, weil das Formular zu umfangreich für das Display des PDA ist oder bestimmte grafische Funktionen nicht unterstützt werden. Statt ein neues Programm nur für mobile Geräte zu schreiben, kann man mit der „Compositional Adaptation“ das Programm in einzelne Bausteine aufspalten, neue Varianten dieser Bausteine entwickeln und die Varianten je nach Nutzung zusammensetzen.

Durch die starke Beteiligung der Industrie aus unterschiedlichen europäischen Ländern erwarten die Projektpartner, dass die Ergebnisse von „MUSIC“ zügig in kommerzielle Produkte einfließen werden.

Das MUSIC Konsortium:

SINTEF (Norwegen, Koordination), SID2U (Irland), Hewlett Packard (Italien), Appear Networks (Schweden), Condat AG (Deutschland), Mobicomp (Portugal), Integrasys (Spanien), Telefónica I+D (Spanien), Telecom Italia (IT), RATP (Frankreich), European Media Laboratory GmbH (Deutschland), Universität Kassel (Deutschland), University of Cyprus, Katholieke Universiteit Leuven (Belgien), University of Oslo, Norwegen

Die deutschen Partner:

Condat AG

Die Condat AG ist System-Integrator für mobile IT-Lösungen und seit über 25 Jahren mit rund 100 Mitarbeitern am Standort Berlin erfolgreich am Markt. Condat unterstützt Unternehmen und Verwaltungen bei der Optimierung und Mobilisierung von Geschäftsprozessen und entwickelt spezialisierte Software-Lösungen insbesondere für die Service- und die Medienbranche (Skyware und Condat.TV). Darüber hinaus bietet Condat ein weites Spektrum zur Integration innovativer Anwendungen in bestehende IT-Systeme. (http://www.condat.de)

European Media Laboratory

Die European Media Laboratory GmbH (EML) ist ein privates IT-Forschungsinstitut, das von SAP-Mitbegründer Dr. h. c. Klaus Tschira ins Leben gerufen wurde. Gemäß dem Grundsatz „Think Beyond the Limits“ forscht das EML mit großem Erfolg in den Bereichen Mensch-Technik-Interaktion und mobilen geoinformatischen Assistenzsystemen. Sitz der EML GmbH ist die Heidelberger Villa Bosch, ehemaliges Domizil des Nobelpreisträgers Carl Bosch (1874-1940).(http://www.eml-development.de)

Universität Kassel

Die Universität Kassel (UNIK) wurde 1971 gegründet. An ihr sind zurzeit etwa 17000 Studierende eingeschrieben, denen in 13 Fachbereichen, darunter die Kunsthochschule Kassel, ein breites Spektrum an Studien- und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten wird. Es reicht von den Technik- und Naturwissenschaften über die Geistes-, Human- und Sozialwissenschaften bis hin zur Musik und zur bildenden Kunst. Das wissenschaftliche Profil richtet sich an den Begriffen „Natur“, „Technik“, „Kunst“ und „Gesellschaft“ aus. Die Universität Kassel ist international orientiert und regional zuhause. Sie arbeitet eng mit Partnern aus Gesell¬schaft und Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft in Nordhessen zusammen. Internationale Studierende und Gastwissenschaftler aus über 110 Nationen studieren und arbeiten an der UNIK. Im Projekt MUSIC wird die UNIK durch das von Prof. Dr. Kurt Geihs geleitete Fachgebiet Verteilte Systeme vertreten.

Media Contact

Dr. Peter Saueressig idw

Weitere Informationen:

http://www.vs.uni-kassel.de

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