Bilder von der Erde trotz Wolken oder Dunkelheit

Wenn im Herbst 2006 der deutsche Fernerkundungssatellit „TerraSAR-X“ seine Umlaufbahn erreicht hat, wird sich auch ein Experiment an Bord befinden, an dem Wissenschaftler der Universität Siegen und des Forschungsinstituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (FHR) in Werthhoven bei Bonn bereits mit Hochdruck arbeiten.


Während der Satellit auf seiner Umlaufbahn ausgesuchte Landschaften in Deutschland und Europa beleuchtet, wird der Satellit mit dem an Bord eines Flugzeuges befindlichen Radarsystems PAMIR unterflogen, die von der Erde rückgestreuten Signale werden aufgezeichnet und daraus sollen dann mit Hilfe aufwändiger Verfahren Radarbilder berechnet werden, die fotografischen Aufnahmen nicht nur ebenbürtig, sondern qualitativ sogar überlegen sind.

Die bildhafte Fernerkundung von Planeten mit Mikrowellen aus dem Weltraum oder aus der Luft funktioniert tageslicht- und wetterunabhängig, denn Mikrowellen durchdringen auch dichte Wolken. Es ist zudem möglich, große Flächen in sehr kurzer Zeit zu erfassen, alles Vorteile gegenüber optisch/fotografischen Aufnahmetechniken.

Während rein satelliten- oder flugzeuggetragene Satellite-Aperture-Radar (SAR)-Systeme heute schon fast Stand der Technik sind, beschreitet das Kooperationsprojekt wissenschaftliches Neuland. Der modernste Fernerkundungssatellit, das deutsche TerraSAR-X-System, wird quasi als „Radarbeleuchter“ verwendet, eines der leistungsfähigsten flugzeuggetragenen SAR-Systeme der Welt, das PAMIR-Systems des Forschungsinstituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik wird als Empfänger der von der Erde rückgestreuten Signale dienen.

Wenn das Experiment gelingt und die beteiligten Wissenschaftler vom Zentrum für Sensorsysteme (ZESS) der Universität Siegen und des FHR zeigen können, dass man die so gewonnenen Rohdaten tatsächlich zu hochwertigen Bildern verarbeiten kann, dann wird dies ein wissenschaftlicher Durchbruch sein: Man könnte in nicht allzu ferner Zukunft anstelle spezieller SAR-Satelliten beispielsweise die ohnehin im Orbit befindlichen Kommunikationssatelliten, wie das bekannte ASTRA-System, als Beleuchter verwenden, eine enorme Kostenreduktion würde möglich.

Das Konzept der Forscher aus Siegen und Werthhoven hat nicht nur das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) überzeugt, das diesen Vorschlag als eigenständiges Experiment in den „science plan“ aufgenommen hat und den Satelliten TerraSAR-X für die Zeit der Datenaufnahmen kostenlos zur Verfügung stellt, sondern auch die Gutachter der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Als Ergebnis erhalten die beteiligten Wissenschaftler über einen Zeitraum von 2 mal 2 Jahren eine Förderung von 2 Millionen € für sechs Teilprojekte, die eng miteinander gekoppelt sind und gemeinsam, aber in Federführung jeweils eines Institutes bearbeitet werden. Der Vorsitzende des ZESS, Prof. Dr. Otmar Loffeld und der Institutsleiter des FHR, Prof. Dr. Joachim Ender übernehmen die Rollen von Sprecher und stellv. Sprecher des Gesamtvorhabens.

Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Bildgewinnung (Fokussierung) aus bistatischen Rohdaten (BiFOCUS), die von beiden Partnern mit unterschiedlichen Konzepten angegangen wird. Das Teilprojekt ModSAR-Sim liefert unter Einbeziehung realer Trägerplattformdynamik simulierte und annotierte bi- und monostatische Rohdaten und Referenzdaten zum Test der Algorithmen unter genau definierten und reproduzierbaren Randbedingungen. Ferner liefert der Simulator verschiedene Sensormess- und Referenzdaten zum Test der in den Teilprojekten AtPos und BiSARSynch entwickelten Verfahren zur Positions- und Lagebestimmung der bistatischen Sensoren. Das Teilprojekt TerraPAMIR deckt die Planung, Durchführung und damit den Einsatz der gesamten bistatischen Verarbeitungskette in der sehr anspruchsvollen bistatischen TerraSAR-X Unterfliegung ab. Im Teilprojekt SARVis werden Algorithmen und Verarbeitungstechniken zur interaktiven Visualisierung und Analyse massiver SAR-Daten entwickelt, die zur Verifikation, Visualisierung und Validierung in allen Teilschritten der gesamten bistatischen Verarbeitungsketten eingesetzt werden können.

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Ullrich-Eberhardt Georgi idw

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