Bioinformatik als Hoffnungsträger gegen Virus-Resistenzen

Hepatitis, HIV, Influenza und Co. – Viruserkrankungen sind auf dem Vormarsch. Ihre Bekämpfung wird immer schwieriger, denn Viren verändern sich im Laufe der Zeit und entwickeln wegen ihrer Wandelbarkeit häufig Resistenzen gegen Medikamente und lassen Impfungen unwirksam werden. Ziel der Medizin ist es, diesen Prozess zu verlangsamen und die Resistenz mit einer optimalen Therapieabfolge so lange wie möglich hinaus zu zögern.

Unterstützung beim Kampf gegen die Viren findet die Medizin in der noch jungen Disziplin der Bioinformatik, die in großen Mengen biologischer Daten medizinisch nutzbare Zusammenhänge aufdeckt, beispielsweise zwischen Virus-Varianten und Wirkstoff-Resistenzen. Diese Erkenntnisse können gezielt für die Therapie und die Entwicklung neuer Medikamente eingesetzt werden.

Besonders relevant ist dies zum Beispiel für HIV-Patienten, bei denen die Wirksamkeit von Medikamenten nach längerer Behandlungsdauer nachlässt, da die Viren unempfindlich gegen die darin enthaltenen Wirkstoffe geworden sind. In diesen Fällen muss ein neuer Mix aus Medikamenten gefunden werden, um die Behandlung fortzusetzen. Da die Kombinationsmöglichkeiten begrenzt sind, ist die patientenspezifische Optimierung der Therapie gegen virale Resistenzen von besonderer Bedeutung. Die Suche nach einer effektiven Behandlung beruht dabei auf einem möglichst genauen Verständnis von Mutationen und komplexen Interdependenzen, die nur mit Hilfe des Computers analysiert werden können.

In Kooperation mit der Universität Köln, dem Forschungszentrum caesar und der Fachhochschule Bingen entwickelten Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken statistische Modelle, die die Bedeutung von Mutationen im Virusgenom für die Medikamentenresistenz erfassen. Das System schätzt die Resistenz des Virus gegenüber jedem der verfügbaren Medikamente und schlägt eine wirksame Therapiekombination vor. Statistische Analysen und klinische Fallbeispiele haben gezeigt, dass Patienten, deren Therapieumstellung auf der Basis dieses Resistenztests erfolgte, signifikant bessere Therapieerfolge haben als Patienten, bei denen die Umstellung allein auf der Grundlage der Therapievorgeschichte durchgeführt wurde.

Mit der effektiven Nutzung der im System vorhandenen Informationen wird die Auswahl einer neuen Medikamentenkombination mit möglichst genauen Vorhersagen über den zu erwartenden Therapieerfolg unterstützt und die Behandlung von Patienten mit Resistenzen gegen antivirale Arzneimittel erheblich verbessert.

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Lengauer
Max-Planck-Institut für Informatik
Stuhlsatzenhausweg 85
66123 Saarbrücken
Tel.: (06 81) 93 25-3 03
Fax: (06 81) 93 25-9 99
E-Mail: lengauer@mpi-sb.mpg.de

Media Contact

Prof. Dr. Thomas Lengauer Innovationseinblicke Saarland

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Mehr Prozess- und Produktinnovationen in Deutschland als im EU-Durchschnitt

Mehr als jedes 3. Unternehmen (36 %) in Deutschland hat zwischen 2018 und 2020 (aktuellste Zahlen für die EU-Länder) neue Produkte entwickelt, Neuerungen von Wettbewerbern imitiert oder eigene Produkte weiterentwickelt….

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Partner & Förderer