Virtueller Flug durch die Boeing 777

Saarbrücker Computergraphiker präsentieren interaktive Visualisierungstechnik auf der CeBIT 2006 – Erster Graphikchip für Ray-Tracing kann jetzt dynamische Szenen darstellen


Wirkt die Flugzeugkabine freundlicher mit gelber oder blauer Beleuchtung? Passen alle Navigationsgeräte ins Cockpit? Diese Fragen können Flugzeugentwickler heute mit einem Knopfdruck beantworten. Die kompletten CAD-Datensätze einer Boeing 777 werden in Sekundenschnelle auf den Bildschirm geladen und können dort dreidimensional bearbeitet werden. Die dafür notwendige, interaktive Visualisierungstechnik, das so genannte Echtzeit-Ray-Tracing, wurde am Lehrstuhl für Computergraphik der Universität des Saarlandes entwickelt. Sie kann jetzt auf der CeBIT 2006 live erlebt werden. Das neue Verfahren wird in der deutschen Automobilindustrie bereits eingesetzt und von der europäischen und US-Flugzeugindustrie derzeit getestet, um komplette Modelle von Flugzeugen zu visualisieren. Auf der CeBIT 2006 wird außerdem der erste Graphikchip für Ray-Tracing präsentiert, der jetzt auch dynamische Szenen darstellen kann. Diese Entwicklung macht das Verfahren künftig für die Spiele-Industrie interessant.

Das Echtzeit-Ray-Tracing wurde von Philipp Slusallek, Professor für Computergraphik an der Universität des Saarlandes, und seinem Team in den vergangenen Jahren bis zur Marktreife gebracht. Die Automobilindustrie nutzt das Verfahren bereits, um Planungsfehler frühzeitig sichtbar zu machen und zu beseitigen, bevor ein Fahrzeug überhaupt gebaut wird. Hierdurch lässt sich der Kosten- und Zeitaufwand in der Entwicklung um bis zu 30 Prozent senken. Im Gegensatz zu aktuellen High-End-Graphikkarten ist es mit diesem Verfahren möglich, komplexe optische Beleuchtungssimulationen in Echtzeit durchzuführen, zum Beispiel korrekte Spiegelung und Brechungen, aber auch aufwendigere Effekte wie indirekte Beleuchtung oder die korrekte Simulation von vermessenen Oberflächen etwa von Autolacken. Die Ray-Tracing-Software, die die Firma inTrace GmbH (http://www.inTrace.com) seit Mitte 2003 vermarktet, wird bei BMW, DaimlerChrysler, Audi und Volkswagen eingesetzt. Vor zwei Jahren hat Volkswagen rund 20 Millionen Euro in zwei Visualisierungszentren investiert, die mit der neuen Ray-Tracing-Technologie arbeiten. Derzeit testen der europäische Flugzeughersteller Airbus und das US-Unternehmen Boeing den Einsatz von Ray-Tracing in ihren Entwicklungsabteilungen

Auf der CeBIT 2006 präsentiert der Saarbrücker Lehrstuhl für Computergraphik am Bildschirm, wie komplette Flugzeuge mit dem Echtzeit-Ray-Tracing dreidimensional dargestellt werden können. Für das originale CAD-Modell einer „Boeing 777“ müssen dafür die Daten von mehr als 350 Millionen Dreiecken (zusammen über 30 Gigabyte oder mehr als 40 CD-ROMs) interaktiv verarbeitet werden. Den Konstrukteuren ermöglicht diese neue Technik, sich jederzeit am Bildschirm interaktiv durch das virtuelle Flugzeug zu bewegen und dabei jedes Detail bis hin zur kleinsten Schraube und Niete unter die Lupe zu nehmen. Neue Flugzeugmodelle können so in ihrer Gesamtheit getestet und mögliche Probleme schon vor dem Bau erkannt werden.

Bald könnte das neue Verfahren auch für die Spieleindustrie interessant werden, für die die bisher benötigte hohe Rechenleistung von Ray-Tracing ein Hindernis war. Auf der CeBIT 2006 wird Professor Slusallek den weltweit ersten Echtzeit-Ray-Tracing-Chip zeigen, der interaktiv und photorealistisch dreidimensionale Graphik erzeugen kann. Schon der erste, vollständig funktionsfähige, aber noch langsame Prototyp dieses Chips liefert eine größere 3D-Graphikleistung als mehrere PCs zusammen.

Erstmals kann Echtzeit-Ray-Tracing jetzt auch zur Darstellung von dynamischen Szenen verwendet werden. Dies lässt für die Zukunft viel realistischere Computerspiele erwarten. In Live-Demos zeigen die Computergraphiker auf der CeBIT die Vorteile von Ray Tracing gegenüber heutigen Graphikkarten,etwa bei der Berechnung von physikalisch-korrekten Schatten, Lichtbrechungen und Reflektionen. Weitere Informationen gibt es unter http://www.saarcor.de.

Das Ray-Tracing-Verfahren wird während der CeBIT in Hannover vom 9. bis 15. März 2006 auf dem großen saarländischen Forschungsstand (Halle 9, Stand B 43) präsentiert. Im Rahmen des „future talk forum“ der CeBIT (Halle 9, Stand A 40) hält Prof. Dr. Philipp Slusallek am Freitag, 10. März um 14 Uhr 40 einen Vortrag zum Thema „3D-Graphik neu definiert: RPU – Ein Graphik-Chip für Echtzeit-Ray-Tracing. Der erste, voll-funktionsfähige Prototyp einer programmierbaren und hoch-skalierbaren Chip-Architektur für interaktive und photorealistische 3D-Graphik“.

Fragen beantworten Ihnen:

Prof. Dr. Philipp Slusallek
Lehrstuhl für Computergraphik, Universität des Saarlandes
Tel.: 0681/302-3830
Email: slusallek@cs.uni-sb.de

Michael Scherbaum
inTrace GmbH
Tel.: 0681/ 394 672 0
Email: scherbaum@intrace.com

Friederike Meyer zu Tittingdorf
Kompetenzzentrum Informatik an der Universität des Saarlandes
Tel. 0681/302-58099
Email: presse@cs.uni-sb.de

Während der CeBIT wenden Sie sich für Terminabsprachen bitte an: Tel. 0511/89 49 71 80 oder Fax 0511/89 69 71 84

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