VIOLA: Das Computernetz der Zukunft verbindet Forscher in Sekundenbruchteilen

Visualisierung von Ozonwerten in NRW <br>Grafik: Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre, Forschungszentrum Jülich <br>

Hochgeschwindigkeitsnetz für die Wissenschaft startet in ABC-Region

Ob Klimaforschung oder die Simulation von Industrieprozessen – für die Verarbeitung enorm großer Datensätze brauchen Wissenschaftler immer schnellere Computer und größere Bandbreiten zu deren Vernetzung. Das Bundesforschungsministerium fördert jetzt mit 10 Millionen Euro für drei Jahre das Projekt VIOLA (Vertically Integrated Optical Testbed for Large Applications), bei dem unter Leitung des DFN-Vereins (Deutsches Forschungsnetz) ein Hochgeschwindigkeitsnetz mit neuester Glasfasertechnik aufgebaut wird. Mit Bandbreiten von bis zu 10 Gigabit pro Sekunde wird es international zur Spitzengruppe gehören. In dem Projekt arbeiten das Forschungszentrum Jülich und das Forschungszentrum caesar, Bonn, die Fraunhofer-Institute IMK und SCAI aus Sankt Augustin, die Universität Bonn, die FH Bonn-Rhein-Sieg, die RWTH Aachen sowie die Industriepartner Alcatel, Siemens und T-Systems eng zusammen. Das Netz hat eine Verbindung nach Bayern, die später weiter ausgebaut werden soll und ist an das europäische Forschungsnetz GÉANT angebunden. Heute wurde im Forschungszentrum caesar von den regionalen Partnern der Kooperationsvertrag unterzeichnet. „VIOLA macht deutlich, wie gut die Forschungseinrichtungen unserer Region miteinander kooperieren“, so Prof. Matthias Winiger, Rektor der Universität Bonn anlässlich der Unterzeichnung.

Im VIOLA-Projekt werden in einem Testnetz die neuesten optischen Netzwerktechnologien intensiv geprüft und anhand praxisnaher Anwendungen erprobt. Die Übertragungsbandbreite entspricht mehr als dem tausendfachen einer T-DSL-Leitung. Über das Hochgeschwindigkeitsnetz können die beteiligten Wissenschaftler mehrere PC-Cluster an verschiedenen Orten gleichzeitig nutzen, um deren Rechenleistung zu bündeln. Zunächst werden Parallelrechner im Forschungszentrum Jülich, am Fraunhofer-Institut SCAI in Sankt Augustin, bei caesar in Bonn sowie an der FH Bonn-Rhein-Sieg zu einem so genannten „Compute-Grid“ zusammengeschaltet (grid = Gitter, Netz). Der so entstandene verteilte Großrechner mit mehreren hundert Prozessoren wird für Anwendungen wie die Klimaforschung genutzt.

Zum ersten Mal können dann beispielsweise Umweltforscher aus Jülich direkt in kürzester Zeit auf zentral abgespeicherte, riesige Simulationsdatensätze zugreifen, von denen ein einziger bis zu einem Terabyte groß ist. Das entspricht dem Inhalt von etwa 1.500 CDs. Leistungsfähige Visualisierungssysteme, die an das Netz gekoppelt sind, stellen die Vorgänge in der Atmosphäre in Echtzeit optisch dar. Ein weiterer Vorteil der Vernetzung: Wissenschaftler können an unterschiedlichen Orten ihre Ergebnisse zeitgleich betrachten und gemeinsam auswerten.

Auch Industrieanwendungen werden im VIOLA-Projekt getestet, so etwa die Simulation der Züchtung von Siliziumkristallen. Silizium ist der Grundstoff für die Halbleiterindustrie. Das VIOLA-Netz ermöglicht caesar-Arbeitsgruppen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut SCAI die gekoppelte Simulation aller wichtigen Faktoren wie Strömungsberechnung, Wärmetransport und Berechnung der Fehlstellen in Kristallen. Damit werden wichtige Hinweise für die Optimierung der Kristallzüchtung geliefert, die anschließend direkt in die industrielle Produktion eingehen werden.

Die einfache, sichere und effiziente Nutzung der verteilten Ressourcen wird im VIOLA-Netz durch die Grid-Software UNICORE sichergestellt, die in verschiedenen deutschen und europäischen Projekten entwickelt wurde. UNICORE wird nun um zusätzliche Funktionen erweitert, damit für eine Anwendung zum richtigen Zeitpunkt sowohl die Rechner als auch die benötigten Netzwerkbandbreiten für die Kommunikation zwischen den Rechnern zur Verfügung stehen. Als Voraussetzung dafür entwickelt das Fraunhofer-Institut IMK zusammen mit der Universität Bonn ein System, das es Anwendern erlauben wird, Netzwerkverbindungen mit garantierter Bandbreite zu reservieren und dynamisch zu schalten.

Alle mit VIOLA gewonnenen Erfahrungen werden in den Aufbau und die Weiterentwicklung des vom DFN ab 2005 geplanten neuen Wissenschaftsnetzes X-WiN einfließen. Dieses soll das derzeitige G-WiN ablösen, das 550 Wissenschaftsstandorte verbindet. Für die industriellen Partner schafft VIOLA die Möglichkeit, neue Systemtechnik in einer belastbaren und betriebsnahen Nutzerumgebung einzuführen und die Ergebnisse für die Weiterentwicklung der Produkte zu nutzen. Das BMBF fördert VIOLA im Rahmen der so genannten „e-Science-Initiative“. „Enhanced Science“ steht für die Verbesserung der Effizienz wissenschaftlicher Arbeit durch Techniken des Grid-Computing. Dank zahlreicher Synergien kann eine neue Qualität der Forschung erreicht werden.

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Francis Hugenroth idw

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