Neurologen entwickeln mit Ingenieuren zwei Kameras neuer Präzision

Aus Erkenntnissen der Neurowissenschaften werden in einem gemeinsamen Forschungsvorhaben der Neurologen vom Klinikum der Universität München und der Ingenieure der Technischen Universität München technisch verwendbare Prinzipien abgeleitet und in industrielle Produkte umgesetzt: eine blickgesteuerte Kopfkamera und eine Fahrzeugkamera. „Dabei wird die im Laufe der Evolution zu Vielfalt und vor allem Präzision entwickelte Neurophysiologie des Menschen als ’Sensor’ benutzt“, erklärt Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Brandt, einer der Initiatoren des Projektes. „Wir orientieren uns in diesem Fall an der Augenbewegung gesteuert durch das Gehirn und Gleichgewichtsorgan. Die Augenbewegungen, mit denen einerseits unwillkürliche Drehungen und Verschiebungen des Kopfes zur Stabilisierung eines Bildes auf der Netzhaut kompensiert und andererseits bewusste Blicksteuerungen ausgeführt werden, werden mit Hilfe eines kopffesten Videosystems gemessen und analysiert.“ Das Team um den zweiten Begründer, Professor Dr.-Ing. Georg Färber (Lehrstuhlinhaber für Realzeit-Computersysteme der TU München) ist angehalten, für physiologische Vorgänge in Auge, Gleichgewichtsorgan und Gehirn sogenannte Verarbeitungsalgorithmen zu finden, auf deren Grundlage eine Produktentwicklung – zum Beispiel einer Fahrzeugkamera mit künstlichem Gleichgewichtssystem – beginnen kann. In dem Forschungsverbund „Bioanaloge Sensomotorische Assistenz“ (FORBIAS), den die Bayerische Forschungsstiftung bis 2007 mit 2 Millionen Euro fördert, arbeiten neben den Teams der beiden Münchener Universitäten auch Wissenschaftler aus der Industrie.

Am Ende des breit angelegten Vorhabens steht eine blickgesteuerte Kopfkamera, die – im Gegensatz zu bisherigen Möglichkeiten – immer parallel zur Blickrichtung des Trägers ausgerichtet wird. Das gesamte Gesichtsfeld und die Bewegungsfreiheit von Augen, Kopf, Armen und Beinen bleiben bei Verwacklungsfreiheit der Aufnahmen erhalten. Diese Neuerung kann in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt werden: in der Wissenschaft, der (Sport)Berichterstattung oder der Sicherheits- und Überwachungstechnik. Darüber hinaus ist der Einsatz in der Dokumentation von chirurgischen Eingriffen geplant.

Auch die Entwicklung des zweiten Produktes, eine Fahrzeugkamera, nimmt durch die fruchtbare Zusammenarbeit der Mediziner und Techniker konkrete Formen an: Zwar sind bereits in experimentellen Fahrzeugen Kameras integriert, die zur Wahrnehmung der Umgebung oder zur Steuerung (zum Beispiel Spurhaltung oder Einparken) genutzt werden. „Zentrales Problem hierbei ist jedoch nach wie vor die Unempfindlichkeit, die noch sehr weit von den Fähigkeiten des menschlichen Sehorgans entfernt ist. So arbeiten diese Systeme bei Regen und Schnee oder schnell wechselnden Helligkeiten nur sehr unzureichend, wohingegen die Neurophysiologie des Menschen sehr rasch und vor allem robust reagiert“, so Brandt zur Überlegenheit biologischer System.

Bei Rückfragen:

Professor Dr. Dr. h.c. Thomas Brandt, Neurologische Klinik und Poliklinik, Telefon 089-7095-2570
Diplom-Physiker Erich Schneider, Telefon 089-7095-4830
Dr.-Ing. Stefan Glasauer, Telefon 089-7095-4839

Media Contact

S. Nicole Bongard idw

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-muenchen.de

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