Speer mit Bordelektronik

Auswertung von Videoaufzeichnungen, exakte Analyse des Bewegungsablaufs – im Hochleistungssport hält immer mehr Technik Einzug. Nun haben auch die Speerwerfer ein neues Werkzeug, das sie beim Training unterstützt. Der digitale Speer misst Beschleunigung und Geschwindigkeit während der Anlauf- und Abwurfphase.

Mit einer Mischung aus tänzelnden, springenden Schritten nehmen Speerwerfer Anlauf. Sie drehen den Oberkörper nach hinten, holen weit aus und reißen innerhalb von Sekundenbruchteilen Arm und Wurfgerät nach vorn. Erstaunliche Kräfte werden bei diesem komplexen Bewegungsablauf frei. Bis zu 800 Gramm wiegt ein moderner Wettkampfspeer. Profis schleudern ihn 98 Meter weit.

Obwohl die Bewegungen rasend schnell ablaufen, können erfahrene Trainer einen Wurf interpretieren und erkennen, wie sich die Technik verbessern lässt. Um die Leistung aber objektiv bewerten zu können, greifen auch sie auf Messgeräte zurück. Bisher wurden dazu Tensospeere in die Luft geschleudert, die über Drähte mit einer Auswerte-Elektronik verbunden sind. Zwar ließ sich damit die Abwurfgeschwindigkeit messen. Die Verkabelung aber störte den Bewegungsablauf, was die Messergebnisse verfälschte. Darüber hinaus ließen sich die Geräte nur unter Laborbedingungen testen. Sie landeten nach kurzem Flug in einem Netz.

Ingenieure vom Magdeburger Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF um den Forscher Ralf Warnemünde haben jetzt gemeinsam mit Experten vom Olympiastützpunkt Magdeburg einen »Digitalen Wurfspeer « entwickelt, der sich rein äußerlich kaum vom gewöhnlichen Sportgerät unterscheidet und unter normalen Trainingsbedingungen getestet werden kann. Der Clou: Die Beschleunigungssensoren und Mikro-Prozessoren sind ausgesprochen klein. Das ganze Hightech-Paket wiegt nur etwa 75 Gramm. Der Speer ist damit nur etwa knapp zehn Prozent schwerer als die üblichen Wettkampfgeräte.

Während der Anlauf- und Abwurfphase misst die Bordelektronik 500 Mal pro Sekunde die Beschleunigung und speichert die Daten auf einem Computerchip. Über einen eigens entwickelten Magnetadapter kann die Information direkt nach dem Wurf auf einen Laptop überspielt werden. Anhand einer grafischen Beschleunigungs- und Geschwindigkeitskurve erkennen Trainer und Sportler sofort, wie gut der Abwurf war.

»Wichtig ist dabei der Punkt der größten Beschleunigung und die Abwurfgeschwindigkeit «, sagt Maria Ritschel, die als Speerwurf-Bundestrainerin für Frauen am Wurfzentrum Halle mit dem IFF zusammenarbeitet. Ideal sei ein extrem steiler, fast nadelförmiger Beschleunigungsverlauf – die Beschleunigungsexplosion – eine Frage des Talents.

In Halle wird der Speer inzwischen zu Beginn bestimmter Trainingsphasen eingesetzt, um den Leistungsstand der Sportler einzuschätzen. Stehen Wettkämpfe an, wird das Gerät für letzte Optimierungen der Wurftechnik genutzt. Auch zur Bewertung von Nachwuchsathleten greifen die Trainer zum neuen Messgerät. Um Talente mit perfektem Abwurf zu erkennen, sei es eine ideale Entscheidungshilfe. Der Verdienst der Forscher liegt vor allem in der pfiffigen Kombination der Komponenten. Der mikromechanische Sensor, der Prozessor und ein Akku, der das System zwei Stunden lang mit Strom versorgt, sind auf engstem Raum verpackt. Zudem musste die Bordelektronik stoßfest und robust im Speer fixiert werden; angesichts der starken Kräfte die beim Abwurf und der Landung auf den Speer wirken keine leichte Aufgabe.

Media Contact

Ralf Warnemünde Fraunhofer-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.iff.fraunhofer.de

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