Klein, aber oho! Portabler Bildspeicher für den professionellen Einsatz

Achtzehn mal zwanzig Zentimeter groß. Zirka acht Zentimeter hoch und nur zwei Kilogramm schwer. So sieht derzeit das neue portable Speicher- und Kompressionskonzept für Filmaufnahmen aus, das die Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS aus Erlangen auf der CeBIT 2003 vorstellen.

Das digitale Speicher-medium kann direkt als Videoserver verwendet werden. Der Prototyp ist eine der ersten Realisierungen zur vollständigen Digitalisierung der Kino- und Filmkette. In seiner momentanen Entwicklungsstufe können 60 Minuten Film verlustlos in HDTV-Auflösung (High Definition Television) komprimiert und abgespeichert werden. Der Bildspeicher arbeitet wie eine externe Festplatte und erlaubt den sofortigen Zugriff auf die Bilddaten ohne zusätzliche Übertragungsschritte.

Auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung Filmproduktionen entstehen derzeit noch in einem zeit- und arbeitsaufwändigen Mix aus digitaler und analoger Filmaufzeichnung. Staub, Feuchtigkeit und der häufige Filmrollenwechsel unter nicht immer einfachen Bedingungen erschweren das Arbeiten unter freiem Himmel. Die Bildvorschau, das so genannte Preview, ist nur mit zusätzlicher Videotechnik oder erst nach der Filmentwicklung möglich.

Seit einiger Zeit wird die HDTV-Technik als möglicher Ersatz für die Filmaufzeichnung angeboten. Portable Kameras arbeiten mit digitalen Magnetbändern, z. B. HD (High Density)-Bändern. Diese stellen jedoch häufig keinen adäquaten Ersatz für das Medium Film dar, da auf ihnen ca. 50 Minuten Film nur mit starker Datenkompression gespeichert werden können und diese Komprimierung zu Verlusten in der Bildqualität führt. Digitale Video- und HDTV-Server dagegen sind nur in unhandlicher Größe verfügbar, so dass sie rein stationär betrieben werden. Zum Beispiel war es nur mit einer Speziallösung möglich, den Film Waterloo des russischen Regisseurs Sokurov en bloc zu drehen. Hierfür baute Director´s Friend eine tragbare Serverkonstruktion, auf der 90 Minuten ungeschnitten aufgenommen werden konnten. Dies hieß jedoch immer noch Schwerstarbeit für den Kameramann.

Es liegt auf der Hand, dass man nach mobileren, schnelleren Möglich-keiten sucht. In der Abteilung Bildsensorik des Fraunhofer IIS ist man seit langem mit dem Bau professioneller Kameratechnik und mit Systemen zur Datenkompression beschäftigt. Die Entwicklung eines mobilen Speicherkonzepts für die Kameratechnik und Filmbranche basiert daher auf langjähriger Erfahrung. Projektleiter Dr. Siegfried Fößel erläutert: „Bei digitalen Kameras v. a. im HDTV-Bereich aber auch bei Hochleistungskameras fallen enorme Datenmengen an. Dafür müssen Speichermedien geschaffen werden, die den bisher notwendigen PC oder Videoserver ergänzen bzw. ersetzen. Für den Einsatz im Filmbereich ermöglicht ein solches Speicherkonzept höhere Flexibilität am Drehort. Durch den Einsatz neuester Kompressionstechnik, dem so genannten Motion-JPEG 2000 Verfahren und spezieller Hardware, die einen hohen Datendurchsatz ermöglicht, wurde diese neue portable Videoserverlösung umgesetzt.“

Motion-JPEG 2000 als Kompressionverfahren für den Profi

Die Ingenieure nutzen die Vorteile von Motion-JPEG 2000 für den professionellen Einsatzbereich: Die verwendete Wavelet-Technik erlaubt beispielsweise das Anzeigen verschiedener Qualitätsstufen aus dem aufgenommenen Videostrom, so dass ein sofortiger Zugriff auf bestimmte Einstellungen oder auf den gesamten Film in einer Vor-schau möglich ist. Ein weiterer Vorteil des Kompressionsverfahrens ist, dass aufgrund der intraframe-basierten Kodierung bildgenaues Schneiden für eine Voransicht auch mit komprimiertem Datenmaterial möglich ist. „Die derzeitige Ausbaustufe unserer tragbaren Serverlösung erlaubt die Auflösung von HDTV (1920 x 1080 Bildpunkte) mit 30 Bit Farbauflösung. Dabei ist der Kompressionsfaktor von verlustlos komprimiert bis zu einer Kompressionsrate von 1:20 frei wählbar. Zusätzliche Metadaten wie Kamera-Parameter, Szenendaten, Beleuchtungseinstellungen und vieles mehr mit abzulegen ist aufgrund der digitalen Aufzeichnung kein Problem,“ so Dr. Siegfried Fößel. Momentan sorgen sechs Notebook-Festplatten mit ca. 240 Gigabyte Speicherkapazität für eine Aufnahmezeit von bis zu einer Stunde.

Nächste Realisierungen

Das Besondere des portablen Bildspeichers ist seine komfortable Nutzung, nicht nur sein Tragekomfort. Er funktioniert bei der Aufnahme wie ein HDTV-Server. Bei der anschließenden Bearbeitung kann er dagegen wie eine externe Festplatte verwendet werden, d.h. über FireWire oder Ethernet kann direkt auf die Daten zugegriffen werden, so dass die Digitalisierungsphase für das Schnittsystem entfällt.

Heute besteht der Prototyp noch aus zwei Einheiten: der Kompressions- und der Speichereinheit. Die Entwicklungsarbeiten bauen auf standardisierter Technologie auf, so dass eine kostengünstige Realisierung möglich werden soll. Weitere Entwicklungsschritte liegen in der Miniaturisierung, so dass der Videoserver direkt in professionelle Kameras eingebaut werden kann. Ein Wechsel des mobilen Videospeichers erfolgt dann ähnlich dem heutigen Bandwechsel. Ende des Jahres 2003 sollen die ersten Speichersysteme für den Praxistest verfügbar sein.

Media Contact

Elvira Gerhäuser idw

Weitere Informationen:

http://www.cebit2003.fraunhofer.de

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