Vakuumtechnik hält die Industrie in Schwung. Die Kraft des Nichts.

Auch körperlich anstrengende Arbeiten in den Verpackungs- und Versandstellen der Industrie haben ihren Schrecken verloren, seitdem zum Heben automatisierte Systeme mit Vakuumgreifern zur Verfügung stehen. Die Vielfalt der Aufgaben spiegelt sich auch in der Zahl der Vakuumsysteme wider, die anlässlich der ComVac im Rahmen der HANNOVER MESSE (20. bis 24. April) gezeigt werden.

Der Markt für Vakuumkomponenten ist im Jahr 2007 um zwölf Prozent gewachsen, hat die Arbeitsgruppe der Internationalen Vakuumstatistik (ISVT) herausgefunden. Die Gruppe setzt sich aus Mitgliedern mehrerer regionaler Vakuumverbände zusammen. Ihr Sprecher Dr. Stephen Ormrod verwies Ende letzten Jahres als Beispiel unter anderem auf die Hersteller von Solarzellen, die „immer mehr Vakuumkomponenten nachfragen“. Auch die Flachbildschirm-Industrie, die in der Fertigung ihrer Produkte nicht auf Vakuumtechnik verzichten kann, habe ihr Tal überwunden und wieder einen höheren Bedarf gemeldet. Ferner kommen in der Industrie viele Beschichtungsvorgänge bei der Oberflächenbehandlung von Teilen nicht ohne Vakuum aus. Neben diesen Beispielen gibt es eine Vielzahl technischer Anwendungen – von der Analysetechnik über die Halbleiterindustrie bis hin zu Handhabungsaufgaben -, die das Marktvolumen mittelfristig weiter steigen lassen dürften.

Die Vielfalt der Vakuumtechnik wird auf der ComVac, internationale Leitmesse der Druckluft- und Vakuumtechnik, sichtbar. Die Aussteller werden Vakuumkomponenten – wie Pumpen, Messinstrumente oder Zubehör – ebenso präsentieren wie die zugehörigen Dienstleistungen.

Unterdruck entwickelt hohe Haltekräfte

Welche „Kraft“ das Vakuum – also eigentlich „Nichts“ – entwickeln kann, zeigte bereits im 17. Jahrhundert Otto von Guericke mit seinem Halbkugelversuch. Mit einer einfachen Kolbenpumpe saugte er aus zwei aneinandergesetzten Halbkugeln die eingeschlossene Luft. Das so entstandene Teilvakuum hielt die beiden Halbkugeln so fest zusammen, dass selbst 16 Pferde nicht in der Lage waren, diese wieder voneinander zu trennen. Da in der Praxis ein ideales Vakuum – in dem sich also keine Teilchen mehr befinden – nicht zu realisieren ist, definiert das Deutsche Institut für Normung (DIN) Vakuum als „Zustand eines Gases, wenn in einem Behälter der Druck des Gases und damit die Teilchenzahldichte niedriger ist als außerhalb oder wenn der Druck des Gases niedriger ist als 300 mbar“.

Anwendungstechniker unterscheiden heute verschiedene Formen des Vakuums:

– Grobvakuum: Für Drücke unterhalb des Umgebungsdruckes bis hinab zu 1 mbar. Hierunter fallen vor allem Handhabungsaufgaben wie etwa das Palettieren und Depalettieren in der Logistik oder Hebehilfen in der Montage.

– Feinvakuum: Hier liegt der Druck zwischen 1 mbar und 10-3 mbar (10-3 = 0,001 = ein Tausendstel), etwa bei der Produktion von Glühlampen.

– Hochvakuum: Für einen Unterdruck zwischen 10-3 mbar und 10-7 mbar (10-7 = 0,0000001 = 1/10.000.000), beispielsweise bei der Herstellung von Elektronenröhren.

– Ultrahochvakuum: Wird ein Druck von 10-7 mbar unterschritten, lässt sich das in der Oberflächentechnik zum Aufdampfen von Metallen nutzen oder beim Elektronenstrahl-Schmelzen.

Neben der Kraft – genutzt etwa in der Pneumatik – liegt eines der Haupteinsatzgebiete der Vakuumtechnik vor allem in der Oberflächenbeschichtung. Hier sorgt das „Nichtvorhandensein“ von Luft dafür, dass etwa zuvor verdampfte Metalle das zu beschichtende Bauteil erreichen und nicht „unterwegs“ durch Luft abgelenkt werden. Diese dünnen Schichten sind sehr effektiv und dienen zum Sonnenschutz oder zur Wärmedämmung bei Fensterglas oder entspiegeln Brillengläser und schützen sie gleichzeitig vor Kratzern. Auch Werkzeuge für die Metallbearbeitung werden auf diese Weise beschichtet und sind dadurch haltbarer und leistungsfähiger. Ohne Vakuumsysteme wären sie in dieser Form gar nicht herstellbar.

Dünne Schichten und schwere Pakete

Solarzellen werden ebenfalls beschichtet. Nanometerdünne Schichten aus Siliziumnitrid stellen sicher, dass sich möglichst viel der durch Sonnenlicht erzeugten elektrischen Energie nutzen lässt. Damit das Siliziumnitrid mit Hilfe einer chemischen Reaktion aufgetragen werden kann, muss zuvor in der Reaktionskammer wiederum ein Vakuum erzeugt werden. Auch einige Verfahren der Analysetechnik – etwa die Massenspektrometrie oder Elektronenmikroskopie – funktionieren nur, wenn zuvor die „Luft“ abgesaugt wurde. Die Aussteller der ComVac zeigen, wie sich in all diesen Bereichen Vakuumlösungen effizient und kostengünstig bereitstellen lassen.

Vakuumanwendungen können aber auch sehr „handgreiflich“ sein. Unterdruckgreifer für Handhabungssysteme sind sehr weit ausgereift. Wenn bei deren Anwendung überhaupt noch Probleme auftreten, sind sie fast immer auf das jeweilige Fördergut zurückzuführen. In der Logistik arbeiten Anlagen zum Palletieren und Depalettieren bereits so schnell, dass die Stabilität der Verpackungskartons die mögliche Geschwindigkeit begrenzt. Ein Roboter mit Vakuumgreifer könnte also die Kartons noch schneller bewegen, wenn nicht zuvor der Karton aufgrund der auftretenden Beschleunigung zerreißen würde. Wer andererseits in die Montageautomation blickt, findet hier Systeme, die sich vor allem durch ihren schonenden Umgang mit dem Transportgut auszeichnen – etwa berührungslos arbeitende Greifsysteme. Mit Vakuumlösungen lassen sich aber auch Industriegasflaschen vor dem Wiederbefüllen entleeren und Getränke schaumfrei abfüllen.

Über die ComVac

Die ComVac findet vom 20. bis 24. April unter dem Dach der HANNOVER MESSE 2009 statt. Das Portfolio der ComVac umfasst alle Bereiche der Druckluft- und Vakuumtechnik – von der Erzeugung über Aufbereitung und Verteilung bis hin zur Anwendung in Maschinen und Systemen. Im Blickpunkt stehen moderne elektronische Steuerungen und Regelungen. Dienstleistungen wie Ist-Analysen oder Druckluft-Contracting runden das Angebot der ComVac ab. Die ComVac wird 2009 in der Halle 26 zu finden sein.

Media Contact

Tanja Gerhardt Deutsche Messe AG

Weitere Informationen:

http://www.hannovermesse.de

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