Bauteile unter Wasser in 3D vermessen

Das 3D-Messsystem, das Wissenschaftler des Fraunhofer IOF mitentwickelt haben, erinnert an eine Unterwasserkamera. Taucher können es mit einfachem Tastendrücken bedienen und Bauteile vermessen. © Fraunhofer IOF

Technische Anlagen zu warten, die unter Wasser liegen, ist aufwändig und teuer. Rohre, Flansche oder Anschlüsse von Förderanlagen für Öl und Gas auf dem Meer beispielsweise, müssen dazu zunächst vermessen werden.

Die Messungen dienen dazu, das Ausmaß der Schäden – zum Beispiel durch Korrosion oder durch sonstige Defekte – richtig einzuschätzen und geeignete Reparaturmaßnahmen einzuleiten. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena stellt auf der Hannover Messe vom 13. bis 17. April (Halle 13, Stand E26) ein System vor, das unter Wasser liegende Bauteile vermisst und die Informationen als 3D-Daten zur Verfügung stellt.

Die Technologie aus Sensoren und Kameras hat in etwa die Größe eines Schuhkartons und kann von einem Taucher wie eine Unterwasserkamera geführt werden. Sie ist aktuell für einen Einsatz in bis zu 40 Meter Wassertiefe konzipiert.

Der Prototyp ist in einem internationalen Forschungsprojekt zusammen mit der 4h JENA engineering GmbH sowie dem norwegischen Forschungsinstitut Christian Michelsen Research (CMR) entstanden. Die Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen war Förderer. »Im nächsten Schritt wollen wir das 3D-Messsystem für größere Tiefen und weitere Einsatzfelder unter Wasser optimieren«, so Dr. Peter Kühmstedt, Wissenschaftler am IOF.

Das IOF war während des Projekts dafür verantwortlich, die 3D-Messtechnik fit für den Einsatz unter Wasser zu machen. Das Highlight: Die Wissenschaftler schafften es, die gesamte Steuerung und Elektronik sowie die Computer- und Displaytechnologie auf sehr kleinem Raum unterzubringen: »Das System ist nicht größer als 20 Kubikdezimeter und wiegt nicht mehr als 11 Kilogramm«, sagt Kühmstedt.

Außerdem muss es trotz komplexer Technik einfach zu bedienen sein, denn Taucher sind durch Wasser und Ausrüstung in ihrer Bewegung eingeschränkt. Um dies zu gewährleisten, haben die Forscher die Bedien- und Darstellungssoftware des Systems angepasst: Nach außen gehen nur wenige Tasten. Die Temperatur wird ständig überwacht, um das Gerät mechanisch und thermisch stabil zu halten.

Denn unter Wasser können die Temperaturen je nach Tiefe und Strömung sehr stark schwanken. Auch die Lichtverhältnisse sind anders als an Land: Es gibt optische Brechungen an der Grenze zwischen Gerät und Wasser. Eine spezielle Kalibrierungsstrategie für die Messungen gleicht das aus. Ein weiteres Hindernis: Im Wasser läuft alles über Drähte und nicht über Funk – entsprechend platzsparend mussten die Wissenschaftler die Verkabelung konzipieren.

»Unter Wasser ist alles um den Faktor zehn teurer. Für Energieunternehmen und Rohstoffförderer ist es ein großer Kostenpunkt, ihre Anlagen auf dem Meer zu warten. Das Problem: Die aktuell verfügbaren Technologien zur Vermessung der Bauteile sind entweder zu langsam oder zu weit weg von der konkreten Anwendung.

Deswegen haben wir diesen Prototypen gemeinsam mit der Industrie entwickelt«, sagt Kühmstedt. 4h JENA engineering war für die Gehäuseentwicklung und die Systemverkleidung zuständig und CMR für die Einbindung zusätzlicher Sensoren.

Das 3D-Messsystem wirft mit einem Projektor mehrere Streifenmuster nacheinander auf die Oberfläche des zu untersuchenden Bauteils und schießt gleichzeitig mit zwei Kameras Aufnahmen des Objekts. Aus der Serie der aufgenommenen Stereobilder und der aktiven Musterstruktur, die man auf der Oberfläche sieht, ist die Technologie in der Lage, die Form des Objekts exakt zu bestimmen.

Der Taucher benötigt 0,2 Sekunden pro Aufnahme und kann noch unter Wasser prüfen, ob diese brauchbar ist. Wieder an Land oder auf einem Schiff lädt er die Daten auf einen Computer, der die Informationen auswertet und Vorschläge für mögliche Reparaturmaßnahmen macht. »So kann zum Beispiel entschieden werden, ob sich der Rost schon zu tief gefressen hat oder der Defekt im Rohr problematisch ist oder nicht«, sagt Kühmstedt.

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Kevin Füchsel Fraunhofer Forschung Kompakt

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