Kritik oder Anpassung?

Die Masterstudentinnen des Studienganges Soziale Arbeit an der FH Jena, Katja Job, Sophie Ortmann und Miriam Pommer gingen in ihrem Forschungs- und Entwicklungsprojekt der Frage nach, welche Auswirkung die sogenannte „Zweite Moderne“, die das Entstehen einer unübersichtlichen Risikogesellschaft befördert hat, auf die Soziale Arbeit selbst hat.

Betreut wurden die Studentinnen dabei von Prof. Dr. Mechthild Seithe, Professorin für „Theorie und Praxis der Beratung“ im Fachbereich Sozialwesen der Jenaer Fachhochschule. Ende März dieses Jahres stellten die Studentinnen im Rahmen von Prof. Seithes Vorlesungsreihe „Lebensweltorientierung und Zweite Moderne“ Vorgehensweise und Ergebnisse ihres Projektes vor:

Zuvor hatten sie Sozialarbeiter/innen aus sozialdienstlichen Verwaltungen und Einrichtungen, die mit zunehmender sozialer Ungleichheit und abnehmender sozialer Integration konfrontiert sind, befragt. Die methodisch aufwändige, mit qualitativen Verfahren durchführte Auswertung der Daten ergab, dass die Praxis Sozialer Arbeit von der derzeitigen ökonomischen Entwicklung und den veränderten sozialpolitischen Konzepten des Staates betroffen ist. So stellt die Ökonomisierung z.B. einen massiven Stressfaktor dar. Außerdem zeigen sich deutliche Hinweise darauf, dass die gegenwärtigen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen die Fachlichkeit der Sozialen Arbeit beeinträchtigen oder auch behindern können.

Die jungen Wissenschaftlerinnen wollten wissen, wie Praktikerinnen und Praktiker mit diesen Belastungen umgehen, ob sie diese überhaupt wahrnehmen und wie sie sich ggf. zu den wahrgenommenen Veränderungen verhalten. Auf Grundlage der kognitiven Bewältigungstheorie des amerikanischen Psychologen Richard S. Lazarus analysierten sie, wie Sozialarbeiter Stress im Spannungsfeld zwischen sozialpolitischen Veränderungen und professionellem Selbstverständnis bewältigen.

Das Ergebnis war ernüchternd: Deutlich wurde, dass die Betroffenen zwar sehr wohl Veränderungen feststellen konnten, gleichzeitig aber wenig über die Ursachen der Veränderungen und Beeinträchtigungen reflektierten und kaum politische oder gesellschaftliche Hintergründe erkennen konnten. Die Mitarbeiter des Fallmanagements neigten eher dazu, Veränderungen positiv für sich umzudeuten. Damit verlieren diese für sie ihre Bedrohlichkeit. Die Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialdienstes nutzen eher eine problemorientierte Bewältigungsstrategie: sie versuchten, die bestehenden Herausforderungen durch individuelle Anstrengungen und das Durchstehen der extremen Stressfaktoren zu bewältigen und damit der Belastung zu entkommen. Beide Gruppen tendierten somit auf die eine oder andere Weise zur Anpassung an die neuen schwierigen Bedingungen und problematischen Veränderungen.

Prof. Dr. Mechthild Seite/ab
Kontakt: mechthild.seithe@fh-jena.de

Media Contact

Sigrid Neef idw

Weitere Informationen:

http://www.fh-jena.de

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