Grenzgänger am Arbeitsmarkt. Die große Furcht vor dem Abstieg

Im Zuge der Neuordnung der Arbeitsmarktpolitik und angesichts einer wachsenden Zahl prekär Beschäftigter in der Arbeitswelt bildet sich ein neuer Typus heraus: die Grenzgänger am Arbeitsmarkt. Sie gehören nicht richtig dazu, aber sie sind auch keine Ausgeschlossenen.

Die Grenze zwischen dauerhaft sicheren und kontinuierlich unsicheren Zonen der Arbeitswelt verwischt zunehmend. Dies ist ein zentrales Ergebnis eines Projekts des Hamburger Instituts für Sozialforschung, welches Teil eines vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales drittmittelfinanzierten Forschungsvorhabens ist.

Ein Merkmal der Grenzgänger ist ihre hohe Aktivität am Arbeitsmarkt. Aber trotz Aktivität, Kreativität und Mobilität schaffen nur wenige den Aufstieg in erwerbsbiographische Stabilität, so die Wissenschaftler vom Hamburger Institut. „Es kann hier“ so die Wissenschaftler, „von einem rasenden Stillstand gesprochen werden“, denn Aktivität am Arbeitsmark führe nicht zwangsläufig zu einer Verbesserung der eigenen Lebens- oder Arbeitssituation.

Natalie Grimm und Berthold Vogel haben im Abstand von zwei Jahren 106 Personen befragt. Die Interviews zeigen, dass die Zahl der erwerbsgesellschaftlichen Grenzgänger, die im steten Wechselspiel zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit pendeln, zunimmt.

Für die meisten der Befragten – Männer wie Frauen, Junge wie Alte, Qualifizierte und Hilfs-kräfte – ist Erwerbsarbeit nach wie vor der zentrale Modus der gesellschaftlichen Integration. Eine starke Sorge, ja Angst teilen alle Befragten, die vor der beruflichen Deklassierung und die vor der sozialen Ausgrenzung. Alle spüren den Zwang, den gesellschaftlichen Verhalten-anforderungen zu entsprechen. Sie bemühen sich in einem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, der nur Jobs, aber keine perspektivreiche Beschäftigung kennt, was dazu führt, dass die Betroffenen erwerbsbiografisch in der Prekarität gefangen sind.

Es gilt die Faustformel: je unqualifizierter und älter, desto stärker stehen sie mit dem Rücken zur Wand. Und umgekehrt: Je jünger und qualifizierter, desto mehr Handlungsspielräume bleiben ihnen noch. Grimm und Vogel haben eine Präzisierung des Prekaritätsbegriffs vorge-nommen, denn „die Fragilität von Beschäftigungsverhältnissen, die rechtliche, soziale und materielle Prekarität der Erwerbsarbeit, aber auch die wachsende Hilfebedürftigkeit hat Einzug in ehedem stabile Bereiche der sozialen und beruflichen Mittelschicht gehalten“.

Natalie Grimm und Berthold Vogel werden ihre Ergebnisse auf dem Soziologiekongress in Jena (7. bis 10.10.2008) vorstellen.

Für Rückfragen und Anfragen an die beiden Autoren der Studie wenden Sie sich gerne an mich.

Dr. Regine Klose-Wolf
Hamburger Institut für Sozialforschung
Leiterin der Presse und Öffentlichkeitsarbeit
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