Familienleben am Rande der Gesellschaft

Bedarfsgemeinschaften oder Hartz-IV-Familien sind in der Öffentlichkeit vielfach das Sinnbild für arme Familien. Allerdings sind sie bislang weder in der Armutsforschung noch im Rahmen der Begleitforschung zum Zweiten Buch Sozialgesetzbuch SGB II, das seit dem 1. Januar 2005 in Kraft ist, hinreichend untersucht.

Eine Projektgruppe der Universität Augsburg und der Hochschule Fulda ist jetzt vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) damit beauftragt worden, diese Forschungslücke gemeinsam mit dem IAB in einem drei Jahre laufenden Projekt (2014 bis 2017) zu schließen.

Wie gestalten sogenannten ‚Mehrpersonenbedarfsgemeinschaften in der Grundsicherung‘ ihren Alltag und ihr gemeinsames Leben als Familie? Wie organisieren sie ihren Haushalt und ihre Finanzen? Welchen Einfluss haben der sozialrechtliche Status der „Mehrpersonenbedarfsgemeinschaft“ und die daran anknüpfenden Aktivierungsanforderungen auf das Selbstverständnis armer Familien und ihrer erwachsenen Mitglieder, vor allem aber auch der Kinder und Jugendlichen.

Diesen Fragen widmet sich das im Mai gestartete Projekt aus sozial-, haushalts- und rechtswissenschaftlicher Sicht anhand intensiver qualitativer Erhebungen, die in bundesweit sieben – nach Arbeitsmarktlage, Siedlungsstruktur und kulturellen Traditionen variierenden – Untersuchungsregionen durchgeführt werden. Programmatik und methodisches Design des Projekts sind daran ausgerichtet, das Alltagsleben von Familien im Grundsicherungsbezug in den Mittelpunkt zu rücken.

Wie sieht der Familienalltag unter Hartz-IV-Bedingungen aus?

Bei der Frage nach dem Familienalltag geht es nicht nur um das Verhältnis der Familienmitglieder zueinander und ihre jeweiligen Lebenswirklichkeiten, sondern auch um die Formen der Bewältigung äußerer sozialer Anforderungen – aus dem privaten Freundes- und Bekanntenkreis, der Nachbarschaft, vor allem aber seitens betreuender Jobvermittler oder etwa Lehrer und Sozialarbeiter sowie der durch sie repräsentierten Institutionen.

Besondere Aufmerksamkeit soll dabei auch dem haushälterischen Handeln der Familienmitglieder und ihrer materiellen Teilhabe, ihrer Beteiligung bzw. ihren Beteiligungswünschen an Erwerbstätigkeit sowie ihrer jeweiligen Kultur des Umgangs mit den für sie relevanten wohlfahrtsstaatlichen Institutionen, etwa der Arbeitsmarktpolitik und des Bildungssystems, gewidmet werden. Im Sinne einer sozial-sensitiven Armutsforschung werden dabei die Handlungsperspektiven der Familien und ihrer jeweiligen Mitglieder als Akteure ins Zentrum gerückt.

Das vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) finanzierte Projekt mit dem Titel „Lebenszusammenhänge in Mehrpersonenbedarfsgemeinschaften“ wird von den beiden Soziologen Prof. Dr. Werner Schneider (UA) und Prof. Dr. Simone Kreher (HFD) geleitet.

Es wird im Rahmen der vom IAB-Forschungsbereich „Erwerbslosigkeit und Teilhabe“ konzipierten und seit 2007 laufenden qualitativen Panelstudie „Armutsdynamik und Arbeitsmarkt – Überwindung und Verstetigung von Hilfebedürftigkeit“ (Gesamtprojektleitung Dr. Andreas Hirseland) durchgeführt und ist Teil der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nach §55 SGB II finanzierten Evaluations- und Begleitforschung zur Grundsicherung für Arbeitssuchende.
 
Projektverantwortliche und Ansprechpartner:

Prof. Dr. Werner Schneider
Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät
Universität Augsburg
86135 Augsburg
Telefon: 0821-598-5570
werner.schneider@phil.uni-augsburg.de

Prof. Dr. Simone Kreher
Fachbereich Pflege und Gesundheit
Hochschule Fulda
Marquardstraße 35
36039 Fulda
Telefon: 0661-9640-630
simone.kreher@pg.hs-fulda.de

Dr. Andreas Hirseland
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
Regensburger Straße 104
90478 Nürnberg
Telefon: 0911-1795070
andreas.hirseland@iab.de

Media Contact

Klaus P. Prem idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-augsburg.de/

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