Entscheiden will gelernt sein – neuer Test misst Risikointelligenz

Es gibt Tests, mit denen sich die Persönlichkeit, Intelligenz oder Gedächtnisleistung ermitteln lässt. Wie gut jemand darin ist, unter Risiko Entscheidungen zu treffen, ließ sich dagegen bislang nicht so leicht herausfinden.

„Dabei ist dies eine wichtige Fähigkeit, die viele unsere Entscheidungen massiv beeinflusst“, sagt der Psychologe Edward Cokely, der 2007 am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung auf die Idee kam, einen schnellen Test für dieses Talent zu entwickeln. In fünf Jahren Arbeit hat er gemeinsam mit Kollegen aus der Gruppe des Max Planck Direktors Gerd Gigerenzer am Berliner Institut und der Michigan Technological University 21 Teilstudien in 15 Ländern durchgeführt. Heraus kam dabei der erste Schnelltest für die Risikointelligenz einer Person. Seit Anfang April steht der „Berlin Numeracy Test“ im Internet unter www.riskliteracy.org auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Niederländisch öffentlich zur Verfügung.

Der Test funktioniert doppelt so gut wie bisherige Methoden und er dauert nur drei Minuten. Die herkömmlichen Tests, die eher allgemeine kognitive Kapazitäten wie Intelligenz oder Aufmerksamkeitskontrolle ermitteln, sagen über die Risikokompetenz eines Menschen wenig aus. Ein hohes Maß an Intelligenz bedeutet nicht zwangsläufig, dass diese Person auch besonders gut in allen Bereichen ist. „Meine Ärztin mag sehr intelligent sein, aber das bedeutet nicht, dass sie besonders gut mein Auto reparieren oder meine Steuerklärung ausfüllen kann“, erklärt Cokely.

Für die Ausarbeitung ihres Tests führten der Psychologe und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Experimente mit mehreren tausend Probanden in Nordamerika, Europa und Asien durch. Diese mussten sich Aufgaben aus verschiedenen Bereichen stellen. Zum Beispiel wurden 300 Teilnehmer einer Teilstudie in Berlin mit psychologischen Testaufgaben konfrontiert, die unter anderem ihre persönliche emotionale Stabilität, allgemeine Zufriedenheit oder Prüfungsangst feststellen sollten. Außerdem mussten sie Informationen über Risiken interpretieren. „Wir wollten herausfinden, wie gut sie zum Beispiel Wettervorhersagen verstehen“, sagt Cokely.

Dabei zeigte sich, dass auch hochgebildete Personen oftmals Schwierigkeiten bei der Interpretation von Informationen zu Risikowahrscheinlichkeiten haben. „Wenn wir aber gebildete Bürger haben wollen, die auf der Grundlage von Informationen Entscheidungen treffen, brauchen wir Menschen, die Informationen über Risiken verstehen“, so der Forscher. So gesehen ist die Risikointelligenz als Fähigkeit genauso wichtig wie Lesen und Schreiben. „Glücklicherweise“, so fügt er hinzu, „kann auch sie gelernt werden.“ Denn eigentlich, so haben die Forscher in den fünf Jahren Erprobung verschiedener Aufgaben herausgefunden, hängt die Risikointelligenz eng mit mathematischen Fähigkeiten zusammen und haben ihren Test entsprechend ausgerichtet: Alle drei Aufgaben gehören in den Bereich der Prozentrechnung.

Kontakt:
Prof. Dr. Edward T. Cokely
Department of Cognitive and Learning Sciences
Michigan Technological University
Telefon: +1 90 6487-2062
E-Mail: ecokely@mtu.edu

Dr. Petra Fox-Kuchenbecker
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
Telefon: 030 82406-211
Fax: 030 824-9939
E-Mail: fox@mpib-berlin.mpg.de

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Dr Harald Rösch Max-Planck-Institut

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