Und sie engagieren sich doch – Studie belegt beachtliches Freiwilligenengagement von Jugendlichen

Jugendliche im Jahr 2005 sind gesellschaftlich und sozial vielfältig engagiert. Die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen setzt sich nicht nur für die eigenen Interessen ein, sondern hilft aktiv mit, die Lebenssituation von Migranten, Senioren und sozial Schwachen zu verbessern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die im Auftrag der Landesstiftung Baden-Württemberg an der Universität Mannheim entstanden ist.

Jugendliche im Jahr 2005 sind gesellschaftlich und sozial vielfältig engagiert. Die überwiegende Mehrheit der Jugendlichen setzt sich nicht nur für die eigenen Interessen ein, sondern hilft aktiv mit, die Lebenssituation von Migranten, Senioren und sozial Schwachen zu verbessern. Dieses Ergebnis einer Studie von Dr. Heinz Reinders an der Universität Mannheim für die Landesstiftung Baden-Württemberg widerspricht dem gängigen Bild der „Jugend von heute“. Der überraschendste Befund: 70 Prozent der befragten Jugendlichen gaben an, sich häufig oder sehr häufig sozial zu engagieren.

Dr. Heinz Reinders arbeitet am Lehrstuhl Erziehungswissenschaft II der Universität Mannheim. Er wird mit seiner Forschungsarbeit von der Landesstiftung Baden-Württemberg in deren Eliteförderprogramm für Postdoktoranden gefördert.

Ziel der Studie ist es, die Verbreitung gemeinnützigen Engagements unter Jugendlichen und die Auswirkungen sozialer Tätigkeiten zu untersuchen. In seiner Studie hat Reinders mehr als 1.400 Jugendliche aller Schulformen im Winter 2004/2005 in der Rhein-Neckar-Region befragt. Die Jugendlichen waren zum Zeitpunkt der Befragung zwischen 13 und 17 Jahren alt. Die ersten Ergebnisse der Studie „Jugend. Werte. Zukunft.“ werden nicht nur beim Weltjugendtag in Köln ab Dienstag (16.08.) für Diskussionsstoff sorgen.

Die Befragung zeigt, dass vom freiwilligen Einsatz beide Seiten profitieren: die Gesellschaft und die Jugendlichen selbst. Das soziale Engagement beschränkt sich dabei nicht auf das klassische Ehrenamt, sondern umfasst auch ganz alltägliche Hilfeleistungen wie den Einkauf für die Nachbarin. Dazu kommt etwa die Mitarbeit in Spontangruppen, Schülerverwaltungen oder Arbeitsgruppen in Jugendzentren.

Am meisten (34%) engagieren sich die Jugendlichen für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Migranten. Auf ähnlichem Niveau (33%) rangiert der Einsatz für die Belange von Jugendlichen und dafür, ihren Interessen in der Gesellschaft Gehör zu verschaffen. Dahinter steckt aber keine Ablehnung der älteren Generation: an dritter Stelle steht mit 31% die Hilfe für Senioren. Weitere wichtige Felder des Engagements von Jugendlichen sind Aktionen im Bereich der Dritte-Welt-Hilfe (29%), der Unterstützung für sozial Schwache (26%), Menschen mit Behinderungen (25%) sowie der Umwelt- und Tierschutz (25%).

Die ehrenamtliche Tätigkeit in politischen Gruppen findet mit 18% vergleichsweise geringen Zuspruch. Dennoch zeigt die Studie auch, dass das soziale Engagement das demokratische Bewusstsein der Jugendlichen stärkt: „Wir finden, dass sozial aktive Jugendliche deutlich stärker bereit sind, später als Erwachsene bei Wahlen ihre Stimme abzugeben“, sagt der Leiter der Studie, Dr. Heinz Reinders.

Dass Jugendliche ihr Engagement ernst nehmen, zeigt die Dauer der Aktivitäten. Immerhin 38 Prozent der Aktiven sind bereits länger als drei Jahre engagiert und knapp 20 Prozent länger als ein Jahr. „Wir haben Jugendliche dabei, die sind schon seit ihrem elften Lebensjahr gleich mehrfach sozial engagiert und ihren Altersgenossen weit in der sozialen Entwicklung voraus“ so Heinz Reinders. Besonders überraschend ist aus seiner Sicht, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund sich häufiger sozial engagieren als Jugendliche deutscher Herkunft: 67% der deutschen Schülerinnen und Schüler, aber 78% der Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind ihrer Freizeit sozial engagiert. Dies könne nicht allein auf das Engagement für die eigene Gruppe der Migranten zurückgeführt werden. Als Ursache nennt Reinders darüber hinaus die stärkere Einbindung der Migrantenjugendlichen in Familie und Community, die zu einem höheren Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschen führt, die Hilfe brauchen.

Jugendliche profitieren selbst sehr stark von ihrem Einsatz für die Gesellschaft. Das zeigt die Untersuchung der Werte, die für sie eine Rolle spielen: engagierte Jugendliche verhalten sich im Alltag sozialer, Werte wie Fairness stehen bei ihnen deutlich höher im Kurs als bei den Jugendlichen, die sich nicht einsetzen. Sozial engagierten Jugendlichen – auch das zeigt die Studie „Jugend. Werte. Zukunft.“ – ist Sparsamkeit als Tugend wichtiger, und der spätere Beruf hat für sie eine höhere Relevanz. Und nebenbei räumt die Studie mit einem Klischee auf: Mädchen sind nur unwesentlich häufiger engagiert als Jungen – 71 % der Mädchen und 70 % der Jungen leisten Freiwilligenarbeit.

Insgesamt widersprechen die Ergebnisse der Studie dem allgemeinen Bild von der desinteressierten Jugend, die sich nur um den eigenen Spaß kümmert. Vielmehr finden Jugendliche alternative Formen gesellschaftlichen Engagements und bereiten sich dabei auf die Rolle als demokratiebewusste und verantwortungsvolle Erwachsene vor.

Die Studie „Jugend. Werte. Zukunft.“ wird demnächst in der Schriftenreihe der Landesstiftung Baden-Württemberg veröffentlicht.

Die Landesstiftung Baden-Württemberg fördert gemeinnützige Projekte, die sie überwiegend selbst durchführt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei, neben der Forschung und Wissenschaft, in der Förderung von Bildungs- und Jugendarbeit, Kunst und Kultur, Völkerverständigung und Sport. Die Landesstiftung Baden-Württemberg ist die einzige bedeutende Stiftung, die in dieser Themenbreite dauerhaft, unparteiisch und ausschließlich in die Zukunft Baden-Württembergs investiert und damit in die seiner Bürgerinnen und Bürger.

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Iris Berghold M.A. idw

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