Umsetzung des Alterseinkunftgesetzes

EUROFORUM-Konferenz zur Umsetzung des Alterseinkünftegesetzes unter Berück-sichtigung der aktuellen BMF-Schreiben

Die tatsächliche Tragweite des neuen Alterseinkünftegesetzes zeigte während der EUROFORUM-Konferenz „Die Umsetzung des Alterseinkünftegesetzes“ am 7. und 8. Dezember 2004 in Berlin. Unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Bert Rürup diskutierten rund 160 Teilnehmer mit den wichtigsten Fachreferenten zu diesem Thema über die praktische Umsetzung des neuen Gesetzes. Der Darmstädter „Wirtschaftsweise“ resümierte in seinem Vortrag, dass diese Reform sich im Vergleich zu vorangegangenen Verordnungen wohl mit Abstand am weitesten an den Vorgaben der Sachverständigenkommission orientiert habe, äußerte aber zugleich, dass seiner Meinung nach der „Staat fiskalisch erschöpft sei“ und deshalb in der Folge pragmatische Kompromisse gemacht werden müssten.

Durch die unlängst publizierten BMF-Schreiben vom 17. und 25. November 2004 seien bereits viele offene Fragen geklärt, aber auch viele neue Fragen aufgeworfen worden. Dieser Sachverhalt zeigte sich nachdrücklich in den Podiumsdiskussionen und Pausengesprächen. Viele stellten wiederholt fest, dass die maßgeblichen Ministerien nicht immer deckungsgleiche und aufeinander abgestimmte Vorgaben verabschiedet haben. Christine Harder-Buschner, Regierungsdirektorin des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), referierte in gewohnt kurzweiliger Form über die neue Definition des § 3 Nr. 63 EStG in Hinblick auf die mögliche Option der Kapitalauszahlung. Das BMF lässt künftig die Ausübung einer Option zur Kapitalauszahlung bis spätestens 12 Monate vor Beginn der Rentenzahlung zu. Die letzten Beiträge zur Pensionskasse können in diesem Fällen auch weiterhin steuerfrei erfolgen.

Diese Abwicklung der Verträge ist allerdings vom BaFin ausdrücklich untersagt worden! Die Aufsichtsbehörde genehmigt tatsächlich nur Tarife der Pensionskassen, bei denen die Kapitalauszahlung spätestens drei Jahre vor Beginn der Rentenzahlung angemeldet worden sein musste. Entspricht ein Antrag dieser Vorgabe, fallen weitere Zuwendungen nicht in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 63 EStG und sind deshalb aus versteuertem Einkommen zu entrichten. Größtenteils richtet sich das Steuerrecht zwar nach den arbeitsrechtlichen Vorgaben und Definitionen, allerdings nicht immer. So differiert etwa die Auffassung über die Erteilung einer Zusage, was erhebliche Auswirkungen auf die weitere Anwendbarkeit des § 40b EStG hat. Denn eigentlich entfällt die pauschalversteuerte Variante der betrieblichen Altersversorgung mit dem 01.Januar 2005.

In der praktische Umsetzung wird die pauschal vorgelagerte Besteuerung aber noch lange selbst bei neu abgeschlossenen Verträgen für alte Zusagen Anwendung finden können. In diesem Punkt differieren die Meinungen der Experten ganz erheblich. Umso mehr erschreckt es in diesem Zusammenhang, dass viele Produktanbieter die neuen Vorgaben bei der Konzeption ihrer Produkte keineswegs umgesetzt haben! Dies führt in vielen Fällen dazu, dass steuerrechtlich keine bAV gegeben ist, was zu verheerenden Auswirkungen bei künftigen Betriebsprüfungen für das Trägerunternehmen führen kann. Fast kleinlich mag es anmuten, wenn über die steuerliche Flankierung des künftigen Rechtsanspruches auf die Mitnahme (Portabilität) der Betriebsrenten diskutiert wird. So kann die Übertragung von Kapitalwerten zwischen Unterstützungskassen theoretisch den Arbeitsplatzwechsel erleichtern, praktisch widerspricht dies aber den Regelungen zum Betriebskos-tenabzug beim neuen Arbeitgeber.

Ähnliches zeigt sich darin, dass die steuerrechtliche Definition des engen Hinterbliebenenbegriffes auch Lebenspartnerschaften anerkennt, was allerdings bilanz- und körperschaftssteuerliche Folgen haben kann. Sicherlich werden künftige BMF-Schreiben diese gerade erst entdeckten Lücken schließen können, andererseits aber auch wieder neue aufreißen. Fakt ist, dass die Reform des Alterseinkünftegesetzes dringend nötig war und im Grundsatz auch die richtigen Ziele verfolgt. Fraglich ist allerdings, ob die Auswirkungen des AltEinkG der Bevölkerung überhaupt transparent vermittelt worden sind. Immer noch wird das künftige Nettorentenniveau von den Bürgern als viel zu hoch eingeschätzt. In der mangelnden Aufklärung der betroffenen Arbeitgeber oder Arbeitnehmer liegt wohl das größte Problem.

Jetzt sind noch feine und teilweise auch umfassende Justierungen vorzunehmen, anschließend müssen die Bürger richtig über ihre persönlichen Konsequenzen informiert werden. Angesichts dieser „komplizierten Vereinfachung“ stellt dies bestimmt die größte Hürde bei der Umsetzung dar. Mit dem AltEinkG ist dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 6. März 2002, das die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Einkommensteuer mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes als unvereinbar deutlich machte, Rechnung getragen worden. Trotzdem wurde im Laufe der Konferenz klar, dass in einigen Fällen eine Doppelbesteuerung nicht von der Hand zu weisen ist. Prof. Bert Rürup sieht dies gelassen, räumt aber weiteren Diskussi-onsbedarf über eine Doppel-Verbeitragung bei Betriebsrenten ab 2009 ein.

Die besonderen Herausforderungen für die Betriebsrenten werden auch im Rahmen der Handelsblatt Jahrestagung „Betriebliche Altersversorgung“ vom 7. bis 9. März 2005 in Berlin diskutiert.

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Nadja Thomas Euroforum Deutschland GmbH

Weitere Informationen:

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