Welche Faktoren begünstigen eine Schwangerschafts-Depression?

Studie der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg / Videoanalyse der Kommunikation zwischen Mutter und Kind

In einer umfassenden Untersuchung möchte die Psychiatrische Universitätsklinik Heidelberg neue Erkenntnisse zur Häufigkeit der Schwangerschafts-Depression, zu ihren auslösenden Faktoren und Therapiemöglichkeiten gewinnen. Mitarbeiter der Klinik werden in den kommenden Monaten Mütter in Entbindungsstationen von Heidelberger, Mannheimer und Darmstädter Kliniken auf eine Teilnahme an der Studie ansprechen.

„Wir möchten feststellen, wie häufig Schwangerschafts-Depressionen tatsächlich sind, welche Faktoren ihre Entwicklung fördern und welche davor schützen“, erklärt Dr. Corinna Reck, Psychologin und Leiterin des Mutter-Kind-Projektes an der Heidelberger Klinik. Bislang geht man davon aus, dass etwa 10 Prozent der Mütter im ersten Jahr nach der Geburt an einer Depression leiden. Dabei handelt es sich um eine schwere psychische Erkrankung, die u.a. mit Trauer, Leeregefühlen sowie Versagensängsten und zwiespältigen Gefühlen gegenüber dem Kind einhergeht. Nicht gemeint ist dagegen der „Babyblues“, auch „Heultage“ genannt, die bei vielen Frauen innerhalb der erste Woche nach der Geburt auftreten und dann meist wieder folgenlos abklingen.

Mutter-Kind-Therapie soll vor psychischen Schäden bewahren

An der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg (Ärztliche Direktor: Professor Dr. Christoph Mundt) wird die „postnatale Depression“, insbesondere die gestörte Beziehung zwischen Mutter und Kind, erforscht und behandelt. Seit vergangenem Jahr nimmt die Klinik Mütter mit ihren Kindern stationär auf oder bietet eine teilstationäre Behandlung an. „Kind und Mutter sind eine Einheit“, sagt Dr. Reck. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt: Nicht nur die psychischen Symptome der Mutter müssen behandelt werden, auch beim Umgang mit ihrem Kind braucht sie professionelle Unterstützung. Denn Babies, die ohne engen emotionalen Kontakt zur Mutter oder einer anderen Bezugsperson aufwachsen, tragen meist psychische Schäden davon, weit über das Säuglingsalter hinaus.

„Im zweiten Teil der Studie, die wir gemeinsam mit der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie durchführen, möchten wir untersuchen, wie sich die Interaktion zwischen Mutter und Kind bei depressiven und gesunden Müttern unterscheidet“, erklärt Kerstin Struben, Psychologin und Mitarbeiterin im Heidelberger Mutter-Kind-Projekt. Dafür sollen etwa 30 Mütter gewonnen werden, die bereit sind, sich beim Umgang mit ihrem Kind wiederholt filmen zu lassen und an psychologischen Tests teilzunehmen.

Interaktion zwischen Mutter und Kind wird im Videofilm analysiert

Bei der „Video-Mikroanalyse“ wird die Interaktion zwischen Mutter und Kind in Bruchteilen von Sekunden von einer Videokamera aufgezeichnet und dann analysiert. Sie ist ein wichtiges diagnostisches Instrument der Heidelberger Mutter-Kind-Therapie. So lässt sich beispielsweise folgende Szene minutiös verfolgen, die bei herkömmlicher Beobachtung verborgen geblieben wäre: Ein Baby, das zunächst ständig von seiner Mutter abgewiesen wurde, reagiert auf ihre nunmehr aggressiven Zuwendungsversuche mit starker Abwehr. Es reißt beide Arme empor und verdeckt schützend sein Gesicht. Die Heidelberger Wissenschaftler wollen zudem anhand von Speichelproben untersuchen, wie viel Stresshormon (Cortisol) die Babies produzieren.

Erkrankten Frauen wird in der Heidelberger Klinik eine Therapie angeboten, zunächst die Behandlung der Depression mit Medikamenten und Psychotherapie. Wenn sich der psychische Zustand stabilisiert hat, widmet sich der Therapeut der Interaktion mit dem Kind. „Um eine tragfähige Beziehung zwischen Mutter und Kind herzustellen, reicht das ’Rooming in’ nicht aus“, sagt Corinna Reck.

Weitere Informationen:
Dr. Corinna Reck
Psychiatrische Universitätsklinik
Abteilung Allgemeine Psychiatrie
Tel. 06221/56-4465
E-Mail: Corinna_Reck@med.uni-heidelberg.de

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-heidelberg.de

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