Zufall oder Zusammenhang: Wechselwirkungen im Klimasystem

Verbindungen zwischen ENSO und Indischem Ozean. Vollständige Grafik: Figure 3 im Nature Communications Artikel

Wissenschaftler haben jetzt eine neue Methode entwickelt um herauszufinden, ob eine Veränderung eine andere verursacht haben kann oder nicht, und welche Regionen Schnittstellen sind für solche Wechselwirkungen. Mit neuen mathematischen Datenanalysetechniken haben sie hierfür eine umfangreiche Studie von Luftdruckdaten vorgenommen.

Die jetzt in Nature Communications veröffentlichte Methode kann in Zukunft angewendet werden, um etwa globale Effekte lokaler Extremwetter-Ereignisse besser abschätzen zu können – und auch um die Ausbreitung von Störungen in Finanzmärkten oder im menschlichen Gehirn besser zu verstehen.

„Im Chaos des Wetters gibt es eine Menge Wechselbeziehungen – zum Beispiel folgt auf erhöhten Lufthochdruck im Ostpazifik oft ein tieferer Luftdruck im Gebiet des indischen Monsuns“, sagt Leitautor Jakob Runge vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

„Schaut man aber genauer hin, so zeigt sich, dass viele vermeintliche Wechselwirkungen zwischen zwei Regionen einfach von einem anderen, dritten Faktor verursacht werden, etwa vom Sonnenzyklus. Deshalb haben wir neue statistische Verfahren eingesetzt, um solche trügerischen Zusammenhänge aufzudecken und indirekte Verbindungspfade zu suchen. Schritt für Schritt haben wir so ein Netzwerk rekonstruiert, das den zugrundeliegenden kausalen Zusammenhängen näher kommt.“

Die neue Methode deckt auf, wo Störungen im Klimasystem die größten globalen Effekte haben, und auf welchen Pfaden sie verbreitet werden.

Ostpazifik, Indonesien und tropischer Atlantik sind Schlüsselregionen

Der östliche Pazifik, Indonesien und der tropische Atlantik sind die wichtigsten Regionen für die Ausbreitung von Störungen, so haben die Wissenschaftler herausgefunden. Ein Grund hierfür ist, dass in diesen Regionen besonders große Luftmassen hoch hinauf in die Atmosphäre transportiert werden. So kann etwa eine Erwärmung im Ostpazifik den indischen Monsun beeinflussen, obwohl tausende von Kilometern zwischen ihnen liegen. Solche Störungen können Ernten gefährden, von denen Millionen Kleinbauern abhängen.

„Wie man Zufall von Zusammenhang trennt, Koinzidenz von Kausalität, das ist seit langem eines der großen Rätsel der Forschung zu nichtlinearen Systemen“, sagt Jürgen Kurths, Ko-Autor der Studie und Ko-Leiter des PIK-Forschungsbereichs Transdisziplinäre Konzepte und Methoden.

„Die übliche Herangehensweise paarweisen Vergleichens hat in einigen Bereichen gute Ergebnisse gebracht, stößt aber an ihre Grenzen. Man kann das mit multiplem Organversagen im menschlichen Körper vergleichen – Ursache und Wirkung sind hier oft für Ärzte schwer zu durchschauen. Wir freuen uns, jetzt einen neuen Ansatz präsentieren zu können, um die Wechselwirkungen besser zu verstehen. Denn das ist die Grundlage, um Systeme idealerweise dann auch widerstandsfähiger zu machen.“

Artikel: Runge, J., Petoukhov, V., Donges, J.F., Hlinka, J., Jajcay, N. Vejmelka, M., Hartman, D., Marwan, N., Palus, M., Kurths, J. (2015): Identifying causal gateways and mediators in complex spatio-temporal systems. Nature Communications [DOI: 10.1038/NCOMMS9502]

Link zu Nature Communications, wo der Artikel veröffentlicht wird: http://www.nature.com/ncomms/index.html

Kontakt für Medienanfragen:
PIK Pressestelle
Telefon: 0331 288-2507
E-Mail: presse@pik-potsdam.de
Twitter: @PIK_Klima

https://www.pik-potsdam.de/aktuelles/pressemitteilungen/zufall-oder-zusammenhang…

Media Contact

Mareike Schodder Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ideen für die Zukunft

TU Berlin präsentiert sich vom 22. bis 26. April 2024 mit neun Projekten auf der Hannover Messe 2024. Die HANNOVER MESSE gilt als die Weltleitmesse der Industrie. Ihr diesjähriger Schwerpunkt…

Peptide auf interstellarem Eis

Dass einfache Peptide auf kosmischen Staubkörnern entstehen können, wurde vom Forschungsteam um Dr. Serge Krasnokutski vom Astrophysikalischen Labor des Max-Planck-Instituts für Astronomie an der Universität Jena bereits gezeigt. Bisher ging…

Wasserstoff-Produktion in der heimischen Garage

Forschungsteam der Frankfurt UAS entwickelt Prototyp für Privathaushalte: Förderzusage vom Land Hessen für 2. Projektphase. Wasserstoff als Energieträger der Zukunft ist nicht frei verfügbar, sondern muss aufwendig hergestellt werden. Das…

Partner & Förderer