Woher kommt das Eis auf Grönland?

Die Watkins-Berge im südlichen Ostgrönland mit dem höchsten Gipfel Grönlands, Gunbjørn Fjeld (3,7 km über NN) im Hintergrund. Blick von ca. 2 km über Meereshöhe zum 1,5 km hohen Watkins-Steilabbruch, der sich in Basalte einschneidet, die am Übergang vom Paleozän zum Eozän vor 56 Mio. Jahren ausbrachen, damals nahezu auf Meereshöhe. (Foto: Peter Japsen, GEUS)

Das Eis auf Grönland konnte sich nur aufgrund von Prozessen im tiefen Erdinnern bilden. Die großräumige Vergletscherungen in der Arktis begann erst vor etwa 2,7 Millionen Jahren, vorher war die nördliche Hemisphere über mehr als 500 Millionen Jahre weitgehend eisfrei.

Wissenschaftler des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, der Universität von Utrecht, dem Geologischen Dienst von Dänemark und Grönland (GEUS) und der Universität Oslo konnten jetzt erklären, warum die Voraussetzungen für die Vergletscherung von Grönland erst vor geologisch so kurzer Zeit geschaffen wurden.

Der Grund dafür liegt im Zusammenwirken von drei tektonischen Vorgängen. Zum einen musste Grönland angehoben werden, damit die Gebirgsgipfel in entsprechend kalte Höhen der Atmosphäre reichen. Zweitens musste Grönland weit genug nach Norden wandern, was zu geringerer Sonneneinstrahlung im Winter führt, und drittens führte die Verlagerung der Erdachse dazu, dass Grönland noch weiter nach Norden rutschte.

Heißes Gestein unter Island

Diese Vergletscherung begann im Osten Grönlands. Die Autoren fanden in Gesteinsproben Hinweise dafür, dass die hohen Berge im Osten von Grönland erst während der letzten zehn Millionen Jahre herausgehoben wurden, wobei dieser Prozess in den letzten fünf Millionen Jahren besonders rasch ablief. Zu diesem Zeitpunkt war Grönland noch weitgehend eisfrei. Seismologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass heißes Gestein aus dem tiefen Erdmantel unter Island aufsteigt.

Diese Beobachtungen flossen in Computer-Modellrechnungen von Hauptautor Bernhard Steinberger vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ ein. „Dieser aufgestiegene heiße Gesteinsbrei fließt unter der Lithosphäre nach Norden, also Richtung Ostgrönland,“ erklärt Steinberger. „Da diese Gesteinsblase unter Island, der Island-Plume, manchmal stärker und manchmal schwächer wird, lassen sich Hebungen und Senkungen dort erklären.“

Wanderndes Grönland, verlagerte Erdachse

Die seismologischen Untersuchungen zeigen außerdem, dass die Lithospäre im Osten von Grönland ungewöhnlich dünn ist, nämlich nur etwa 90 Kilometer dick. Geoforscher Steinberger rekonstruierte die Lage der tektonischen Platten vor 60 bis 30 Millionen Jahren und konnte feststellen, dass der Island-Plume sich damals genau unter diesem Teil von Grönland befunden hat. Das erklärt diese dünne Lithosphäre. Deshalb konnte auch der Ost-Teil von Grönland leichter angehoben werden: Plume-Material kann bis fast unter die Oberfläche strömen und die darüberliegende Lithosphäre vergleichsweise einfach anheben.

Während der Island-Plume aber annähernd an derselben Stelle im Erdmantel blieb, wanderte Grönland entsprechend der Plattentektonik und bewegte sich in den vergangenen 60 Millionen Jahren um sechs Breitengrade nordwärts in kühlere Regionen.

Diese Nordwanderung wurde noch verstärkt durch die „Echte Polwanderung“: „Unsere Berechnungen ergaben, dass sich während der letzten 60 Millionen Jahre die Erdachse um etwa 12° auf Grönland zubewegte,“ so GFZ-Wissenschaftler Steinberger. Zusammen mit der tektonischen Wanderung kam also Grönland um 18° nordwärts. Es befand sich nunmehr weit genug im Norden und seine Gebirgsgipfel im Osten waren hoch genug, um die Vergletscherung in Gang zu setzen.

Steinberger, B., Spakman, W., Japsen, P., Torsvik, T.H., „The key role of global solid-Earth processes in preconditioning Greenland’s glaciation since the Pliocene“, Terra Nova, advance online publication, 04.01.2015, DOI: 10.1111/ter.12133

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Franz Ossing GFZ Potsdam

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