Wie begann die Plattentektonik auf der Erde?

Blick aus der Tiefe der Erde auf die gebrochene Außenschale (blau) der junge Erde in einem dreidimensionalen numerischen Modell. Die Bildung neuer Lithosphärenplatten (rot) geschieht in Folge der Interaktion eines Mantelplumes mit der Lithosphäre. (Abb.: GFZ)

Die Erde ist der einzige Planet im Sonnensystem, der Plattentektonik aufweist. Ihre Oberfläche ist im ständigen Wandel, tektonische Platten mitsamt den Kontinenten verschieben sich ständig, kollidieren miteinander oder tauchen in den Erdmantel ab.

Bis heute ist es allerdings ungeklärt, wie die Plattenbewegungen begannen und wie die Tektonik der Erde vorher aussah. Ein internationales Forscherteam mit Modellierungsexperten von der ETH Zürich, dem Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ sowie Geologen von der Universität von Texas und Korea University in Seoul schlägt in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature eine Lösung vor.

Basierend auf innovativer und hochauflösender numerischer Modellierung und geologischen Beobachtungen zeigen sie, dass eine aus dem tiefen Erdmantel aufgestiegene, mächtige und heiße Gesteinsblase die Lithosphäre der frühen Erde aufbrach. Dieser so genannte Mantelplume setzte damit das erste Abtauchen der Lithosphärenplatte, genannt Subduktion, in Gang.

Die äußere harte Schale der Erde, also die Erdkruste und der oberen Erdmantel bilden die Lithosphäre. Unsere heutige Erde unterteilt sich an ihrer Oberfläche in mehrere Lithosphärenplatten, die aneinander reiben oder miteinander kollidieren.

An den Plattengrenzen sinken einige der Platten, wenn sie ausreichend kalt und schwer sind, in den tiefen Erdmantel. Dieser Prozess, die Subduktion, ist ein Schlüsselprozess der Plattentektonik. Er ermöglicht das Zurückkehren von den Gesteinen der Erdkruste in den tiefen Erdmantel und ist außerdem für die effiziente Kühlung des Erdinneren verantwortlich.

Allerdings gab es Subduktion und Plattentektonik nicht immer auf der Erde. Bei einem Gesamtalter unseres Planeten von 4,5 Milliarden Jahren war in den ersten ein bis zwei Milliarden Jahre der Erdgeschichte der tektonischen Prozess ganz anders, wahrscheinlich ähnlich wie auf der heutigen Venus, wo bis heute die Lithosphäre nicht in Platten gebrochen ist und keine Subduktion stattfindet.

Nehmen wir also eine frühe Erde mit einer mehr oder weniger gleichmäßigen harten Schale an. Warum also entwickelte die Erde Subduktion und Plattentektonik? „Drei Bedingungen müssen erfüllt gewesen sein, damit der Mantelplume die ersten langlebige Subduktion und damit die Plattentektonik starten konnte“, sagt der Leiter der GFZ-Sektion für geodynamische Modellierung und Professor für Geodynamik an der Universität Potsdam, Stephan Sobolev.

„Der Mantelplume musste groß und sehr heiß sein, um viel Gesteinsschmelze zu erzeugen. Diese Schmelzen drangen in die Lithosphäre ein und weichten diese auf, so dass der Plume sich bis zur Erdkruste an der Oberfläche durchschweißen konnte.“

Zudem musste die umgebende Lithosphäre kalt und schwer genug sein, um in den Mantel zu sinken. Das nötige Gewicht erhielt die Lithosphäre durch den Gesteinsauswurf durch den Plume selbst, der sich auf die umgebende Lithosphäre legte. Bei ausreichend akkumuliertem Gewicht beginnt die Lithosphäre rund um den Plume abzusinken und zieht weitere Teile der Lithosphäre mit sich. „Schließlich musste es zudem flüssiges Wasser an der Erdoberfläche gegeben haben, quasi als Schmiermittel, um das Absinkenden der Lithosphäre zu erleichtern“, ergänzt Geoforscher Sobolev, „Dieses Abtauchen der Lithosphäre kann bis in den tiefen Erdmantel reichen.“

Alle diese Bedingungen wurden irgendwann in der frühen Geschichte der Erde erfüllt, aber nie für die anderen Planeten des Sonnensystems. Auf der Venus, die der Erde am ähnlichsten ist, sind heiße Mantelplumes wahrscheinlich häufig, aber die Lithosphäre ist zu heiß und leicht und es gibt kein flüssiges Wasser auf der heißen Venusoberfläche.

Wahrscheinlich, so Sobolev, war es nicht ein einzelner Mantelplume, der den Prozess der Plattentektonik in Gang setzte, sondern das Zusammenwirken vieler solcher aufsteigender heißer Mantelströmungen. Das brodelnde Innenleben unseres einzigartigen Planeten führte dazu, dass sich einige dieser plattentektonischen Fenster vereinigten und der Vorgang sich zur globalen Plattentektonik entwickelte.

T.V. Gerya , R.J. Stern, M. Baes, S.V. Sobolev and S.A. Whattam, Plate tectonics on the Earth triggered by plume-induced subduction initiation, Nature, 12.11.2015, DOI: 10.1038/nature15752

Media Contact

Franz Ossing Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ

Weitere Informationen:

http://www.gfz-potsdam.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer