Strukturen für dynamische Metropolen

Schnell wachsende Städte in Schwellen- und Entwicklungsländern stehen vor der Herausforderung nachhaltige Lösungen für ihre Versorgungs- und Entsorgungsinfrastruktur zu finden. Vor allem das Fehlen aktueller Planungsgrundlagen macht es schwierig, sich flexibel an die dynamische Bevölkerungsentwicklung anzupassen, dies gilt sogar in bereits bestehenden urbanen Gebieten.

Geoinformatiker der Universität Tübingen sind an einem Forschungsprojekt beteiligt, das sich mit dieser Problemlage beschäftigt: Das Projekt „Rapid Planning – nachhaltiges Infrastruktur-, Umwelt- und Ressourcenmanagement für hochdynamische Metropolregionen“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für fünf Jahre mit zwölf Millionen Euro gefördert.

Zwölf Projektpartner aus Wissenschaft und Praxis entwickeln für die Bereiche Energie, Wasser, Abwasser, Abfall und urbane Landwirtschaft schnell umsetzbare Planungsmethoden. Diese sollen in den sich dynamisch entwickelnden Beispielstädten Kigali (Ruanda), Da Nang (Vietnam) und Assiut (Ägypten) direkt umgesetzt werden.

Deutsche Referenzstadt des Projekts ist Frankfurt am Main, das seine Erfahrungen in umweltgerechter Stadt- und Infrastrukturplanung zur Verfügung stellt. Die Projektpartner entwickeln für die Kommunen einen „Rapid Planning Werkzeugkasten“, in dem Ergebnisse und Lösungsvorschläge zusammengetragen sind. Ein Ziel des Projekts ist, dass sich die entwickelte Methodik auch auf andere Städte übertragen lässt.

Der Tübinger Lehrstuhl für Geoinformatik (Leitung Professor Volker Hochschild) am Geographischen Institut hat die Aufgabe, mit Hilfe hoch aufgelöster Satellitendaten verschiedene „Gebäudetypen“ automatisiert zu identifizieren. Die Wissenschaftler berücksichtigen dabei neben Form und Größe der Gebäude auch die Baumaterialien.

Die Geographen forschen zudem vor Ort: Gemeinsam mit weiteren Projektgruppen erheben sie in den Beispielstädten sozioökonomische Daten, die für bestimmte Einkommensgruppen stehen ‒ denn diese unterscheiden sich auch durch ihr Verbrauchsverhalten, beispielsweise was den Energiebedarf oder das Müllaufkommen betrifft. Um die Daten zu erhalten, werden die Wissenschaftler punktuell Einwohner aus verschiedenen „Gebäudetypen“ zu sozioökonomischen Werten wie ihrem Haushaltseinkommen befragen.

Zudem werden sie Industriegebiete und Geschäftsviertel mit ihren eigenen Besonderheiten vor Ort erfassen. Die satellitenbasierten Gebäudedaten und die vor Ort erhobenen Daten sind Grundlage, um sogenannte „Stadtstrukturtypen“ zu bilden: Mit diesen lassen sich die gesammelten Basiswerte auf ganze Städte umlegen und daraus Planungsdaten für den Bedarf an Energie, Wasser, Abwasser oder Entsorgungsstrukturen berechnen. Zudem leiten die Geoinformatiker den Aufbau einer Daten-bank, mit der digitale (Geo-)basisdaten für alle Städte und Projektpartner zur Verfügung gestellt werden.

Die Projektpartner: AT-Verband – Verband zur Förderung angepasster, sozial- und umweltverträglicher Technologien e.V. (Projektkoordinator), UN-Habitat (United Nations Human Settlements Programme), IZES – Institut für ZukunftsEnergieSysteme gGmbH, ifak – Institut für Automation und Kommunikation Magdeburg, Eberhard Karls Universität Tübingen, Frankfurt University of Applied Sciences, Universität Stuttgart, Technische Universität Berlin, Brandenburgische Technische Universität Cottbus, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Institut für Umweltwirtschaftsanalysen Heidelberg e.V., ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH.

Kontakt:

Prof. Dr. Volker Hochschild
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Geoinformatik
Telefon +49 7071 29-75316
volker.hochschild[at]uni-tuebingen.de

Dipl.-Geogr. Felix Bachofer
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Geoinformatik
Telefon +49 7071 29-77528
felix.bachofer[at]uni-tuebingen.de

Weitere Informationen:

http://www.rapid-planning.net  – Informationen zum BMBF Projekt „Rapid Planning“

Media Contact

Dr. Karl Guido Rijkhoek idw - Informationsdienst Wissenschaft

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