Schwefel nährt „lebende Fossilien“ in der Tiefsee

Muscheln einer fossilen Methanquelle Universität Göttingen

Die meisten Lebewesen auf der Erde ernähren sich von Landpflanzen oder Algen im Meer, die mithilfe des Sonnenlichts durch Photosynthese erzeugt werden. An heißen Schwefel- oder Methanquellen in der Tiefsee dagegen leben Tiere in Symbiose mit Schwefel-oxidierenden Bakterien.  Sie bekommen also ihre Nahrung von Bakterien, die Schwefel als Energiequelle nutzen, um Biomasse zu produzieren.

Der Paläontologe Dr. Steffen Kiel von der Universität Göttingen hat die Fossilgeschichte dieser Ökosysteme der vergangenen 150 Millionen Jahre analysiert. Er zeigt auf, dass die Evolution dieser Tiere von der im Ozean gelösten Menge Schwefel angetrieben wird – unabhängig von Ereignissen an der Erdoberfläche, die die photosynthetische Nahrungsproduktion beeinflussen.

Seine Ergebnisse stützen die These, dass es sich bei diesen ungewöhnlichen Lebewesen um „lebende Fossilien“ handelt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.

Für seine Studie hat Dr. Kiel tausende von Fossilien dieser Faunen analysiert. Der Paläontologe kommt zu dem Schluss, dass die wichtigsten Veränderungen in ihrer Evolutionsgeschichte mit starken Änderungen im Schwefel-Gehalt der Ozeane einhergehen. Zudem waren während weiter Teile der Kreidezeit, als der Schwefel-Gehalt der Ozeane besonders niedrig war, die Muscheln und Schnecken an den Methanquellen deutlich kleiner als zu anderen Zeiten.

„Diese Tiere sind vollständig von ihren Schwefel-oxidierenden Symbionten abhängig”, erklärt Dr. Kiel. „Wenn die Bakterien mit nur wenig Schwefel im Wasser gefüttert werden, dann können auch die Tiere nicht sehr groß werden“.

Der Schwefel-Gehalt der Ozeane hängt in erster Linie vom Wechselspiel zwischen Bildung und Erosion von Kalzium-Sulfat ab – besser bekannt als Gips. Es bildet sich bei der Verdunstung von Meerwasser und wird bei der Auffaltung und Erosion großer Gebirge ins Meer zurückgespült.

„Photosynthese spielt hierbei keine Rolle“ sagt Dr. Kiel. „Während Dinosaurier und Ammoniten den Mangel an Nahrung durch eine Unterbrechung der photosynthetischen Nahrungsproduktion, zum Beispiel nach einem Meteoriteneinschlag, nicht überlebten, konnten sich die Tiere an ihren stinkigen Quellen in der Tiefsee munter weiterentwickeln.“

Originalveröffentlichung:
Kiel, Steffen (2015). Did shifting seawater sulfate concentrations drive the evolution of deep-sea methane-seep ecosystems?. Proceedings of the Royal Society B 20142908. http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2014.2908

Kontaktadresse:
PD Dr. Steffen Kiel
Georg-August-Universität Göttingen
Geowissenschaftliches Zentrum Göttingen
Abteilung Geobiologie
Goldschmidtstraße 3-5, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-10954
E-Mail: skiel@uni-goettingen.de
Internet: http://www.geobiologie.uni-goettingen.de

http://dx.doi.org/10.1098/rspb.2014.2908
http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=5071
http://www.geobiologie.uni-goettingen.de

Media Contact

Romas Bielke idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Mehr Prozess- und Produktinnovationen in Deutschland als im EU-Durchschnitt

Mehr als jedes 3. Unternehmen (36 %) in Deutschland hat zwischen 2018 und 2020 (aktuellste Zahlen für die EU-Länder) neue Produkte entwickelt, Neuerungen von Wettbewerbern imitiert oder eigene Produkte weiterentwickelt….

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Partner & Förderer