Riesenvogel mit knöchernen Pseudo-Zähnen setzt neue Maßstäbe für Flügelspannweite von Vögeln

Die fossilen Überreste des Tieres, dessen erstaunlich niedriges Lebendgewicht zwischen 16 und 29 Kilogramm lag, wurden in der Atacama Wüste, unweit des nordchilenischen Dorfes Bahìa Inglesa entdeckt. Es ist der bisher besterhaltene Fund eines Pseudozahnvogels. Senckenberg-Wissenschaftler Dr. Gerald Mayr und sein chilenischer Kollege Dr. David Rubilar haben das Fossil jetzt als neue Art beschrieben und Pelagornis chilensis genannt. Eine Rekonstruktion „schwebt“ nun im Vogelsaal des Frankfurter Senckenberg Naturmuseums.

„Obwohl diese Tiere wie Kreaturen aus Jurassic Park wirken, waren es bereits echte Vögel“, sagt Gerald Mayr mit einem Blick auf die langen, gut erhaltenen Kiefer aus denen skurril wirkende, zahnähnliche Knochenfortsätze ragen. Was da eher an die Zähne eines Reptils erinnert, sind Pseudozähne, die sich anatomisch jedoch deutlich von echten Zähnen unterscheiden. Sie sind das charakteristische Merkmal für diese Gruppe ausgestorbener Vögel, die Wissenschaftler den so genannten Pseudozahnvögeln zuordnen. Pelagornis chilensis konnte damit im Flug Tintenfische und andere glitschige Nahrung von der Oberfläche des Pazifik fischen.

Funde von Pseudozahnvögeln belegen, dass diese Vogelgruppe schon vor 50 Millionen Jahren existiert hat und auf allen Kontinenten vorkam. „Es ist durchaus möglich, dass frühe Urmenschen in Nordafrika noch den letzten Verwandten dieser seltsamen Vögel begegnet sind“, sagt Gerald Mayr.

Der mit 70 Prozent nahezu vollständige Fund der neuen Art ist weitgehend dreidimensional erhalten und damit der bislang am besten gesicherte Beleg für die neuen Erkenntnisse über die Größe und Anatomie dieser Riesenvögel. Die Flügelknochen zeigen eine Flügelspannweite von mindestens 5,20 Meter. Damit setzt Pelagornis chilensis neue Maßstäbe.

„Wenn Vögel mit einer Flügelspannweite von mehr als fünf Metern und bizarren Pseudozähnen heute noch leben würden, wäre Vogelbeobachtung in Chile sicherlich noch um einiges aufregender“, vermutet Gerald Mayr, während er auf die Nachbildung des beeindruckenden Urzeittiers schaut, die jetzt im Senckenbergmuseum zu sehen ist.

Bedeutender für den Paläontologen vom Senckenberg Forschungsinstitut ist jedoch die Kenntnis der Maximalgröße, die ein fliegender Vogel überhaupt erreichen kann. Daraus lassen sich sowohl wichtige Rückschlüsse zur Evolution der Vögel wie auch über die Physik des Vogelflugs ziehen.

Größere Maße, die für einige andere fossile Vögel zuvor angegeben wurden, basieren auf Schätzungen weitaus schlechter erhaltener Belege, die nur als stark zerbrochene Fragmente geborgen werden konnten. „Die meist nur bruchstückhafte Erhaltung der fragilen Knochen sind der Grund dafür, dass bisher veröffentlichte Untersuchungsergebnisse zur Flügelspannweite dieser Vögel überwiegend auf Schätzungen beruhen“, erläutert Gerald Mayr. Der Neufund hat die Autoren veranlasst, in der aktuellen Publikation auch die bisherige wissenschaftliche Zuordnung dieser Vögel zu revidieren. Sie schlagen vor, alle Pelagornithiden-Arten aus dem Neogen in der Gruppe Pelagornis zusammen zu fassen.

Co-Autor David Rubilar vom chilenischen Museo Nacional de Historia Natural betonte: „Pelagornis chilensis vertieft in hohem Maß unser Wissen vom Erscheinungsbild einer der faszinierendsten Tiergruppen, die einst den Himmel durchquert haben. (dve)

Die Publikation erscheint in der aktuellen Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Journal of Vertebrate Paleontology.

Ansprechpartner:
Dr. Gerald Mayr
Senckenberg Forschungsinstitut
Sektion Ornithologie
Senckenberganlage 25, D-60325
Frankfurt am Main, Germany
Gerald.Mayr@senckenberg.de
Tel: +49 69 75421348
Dr. David Rubilar
Museo Nacional de Historia Natural
Área Paleontología
Casilla 787, Santiago, Chile
drubilarrogers@gmail.com
Tel: 56 2 680 4651

Media Contact

Doris von Eiff idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Merkmale des Untergrunds unter dem Thwaites-Gletscher enthüllt

Ein Forschungsteam hat felsige Berge und glattes Terrain unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis entdeckt – dem breiteste Gletscher der Erde, der halb so groß wie Deutschland und über 1000…

Wasserabweisende Fasern ohne PFAS

Endlich umweltfreundlich… Regenjacken, Badehosen oder Polsterstoffe: Textilien mit wasserabweisenden Eigenschaften benötigen eine chemische Imprägnierung. Fluor-haltige PFAS-Chemikalien sind zwar wirkungsvoll, schaden aber der Gesundheit und reichern sich in der Umwelt an….

Das massereichste stellare schwarze Loch unserer Galaxie entdeckt

Astronominnen und Astronomen haben das massereichste stellare schwarze Loch identifiziert, das bisher in der Milchstraßengalaxie entdeckt wurde. Entdeckt wurde das schwarze Loch in den Daten der Gaia-Mission der Europäischen Weltraumorganisation,…

Partner & Förderer