Riesenschlange in Deutschland entdeckt – Nördlichster Fossilfund der wärmeliebenden Pythons

Der Python zählt mit einer maximalen Länge von bis zu zehn Metern zu den größten Schlangen der Welt. Die Würgeschlange mag es gern kuschelig-warm. Kein Wunder, dass sie heutzutage bevorzugt die Tropen Afrikas und Asiens besiedelt.

Wissenschaftler des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoecology an der Universität Tübingen und der Masayk Universität in Tschechien haben nordöstlich von Augsburg, nahe dem beschaulichen Ort Griesbeckerzell, die Wirbel eines etwa 3,5 Meter langen versteinerten Python entdeckt und beschrieben.

Die Fossillagerstätten von Griesbeckerzell sind hervorragende Fundorte für versteinerte Reptilien. Die etwa 15 Millionen alten Funde stammen aus der Zeit des klimatischen Optimums während des Erdzeitalters Miozän. „Wir gehen davon aus, dass die Temperaturen bei circa 19 Grad im Jahresdurchschnitt lagen, sonst hätten sich diese Schlangen hier nicht wohlgefühlt“, erklärt Prof. Madeleine Böhme, Leiterin der Arbeitsgruppe Terrestrische Paläoklimatologie an der Universität Tübingen, und fährt fort:„In den Sommermonaten zur Zeit des klimatischen Optimums war es hier zwischen 25 und 28 Grad warm, in den Wintermonaten lag die Temperatur bei etwa 13 Grad.“ Zum Vergleich: Die jährliche Durchschnittstemperatur für Augsburg beträgt heute rund acht Grad Celsius.

Nach den warm-subtropischen Temperaturen vor 15 Millionen Jahren wurde das Klima rasch kühler und trockener. In Zentraleuropa sind nach dieser Zeit keine Fossilfunde von Riesenschlangen bekannt.

„Wir gehen deshalb davon aus, dass die Pythons nur in diesem relativ kurzen Zeitfenster in Europa überleben konnten“, erläutert Prof. Böhme, „mit dem starken Temperaturabfall vor 14 Millionen Jahren war das Schicksal der Riesenschlangen – vermutlich unabhängig von dem zunehmenden Konkurrenzdruck mit anderen, klimatisch besser angepassten Schlangen – besiegelt.“

Das „Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoecology“ (HEP) wurde im Oktober 2009 von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und der Universität Tübingen gegründet. Das Zentrum befasst sich nicht nur mit verschiedenen Aspekten der biologischen und kulturellen Evolution des Menschen, sondern auch mit der Klima- und Umweltentwicklung während der gesamten Ära des Känozoikums in der Zeit vor 65 Millionen Jahre bis heute. Hierbei werden modernste computergestützte Untersuchungsmethoden wie hochauflösende Computer-Tomographie oder virtuelle Anthropologie eingesetzt, die es beispielsweise ermöglichen, am Computer Skelette zu analysieren und beschädigte oder fehlende Teile digital hinzuzufügen.

Publikation: Ivanov M. & Böhme M. 2011. — Snakes from Griesbeckerzell (Langhian, Early Badenian), North Alpine Foreland Basin (Germany), with comments on the evolution of snake faunas in Central Europe during the Miocene Climatic Optimum. Geodiversitas 33 (3): 411-449. DOI: 10.5252/g2011n3a2.

Kontakt:

Prof. Dr. Madelaine Böhme
Universität Tübingen
Fachbereich Geowissenschaften
Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoecology (HEP)
Sigwartstraße 10
72074 Tübingen
Tel.: +49 (0)7071- 29 73191
madelaine.boehme@senckenberg.de
Pressestelle Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
Judith Jördens
Senckenberganlage 25
60325 Frankfurt am Main
Tel.: +49 (0)69- 7542 1434
Fax: +49 (0)69- 7542 1517
judith.joerdens@senckenberg.de
Die Erforschung von Lebensformen in ihrer Vielfalt und ihren Ökosystemen, Klimaforschung und Geologie, die Suche nach vergangenem Leben und letztlich das Verständnis des gesamten Systems Erde-Leben – dafür arbeitet die SENCKENBERG Gesellschaft für Naturforschung. Ausstellungen und Museen sind die Schaufenster der Naturforschung, durch die Senckenberg aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse mit den Menschen teilt und Einblick in vergangene Zeitalter sowie die Vielfalt der Natur vermittelt. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.
Die im Jahr 1477 gegründete Universität Tübingen hat derzeit über 25.000 Studierende aus dem In- und Ausland. 400 Professoren und mehr als 4.000 Wissenschaftler lehren und forschen an sieben Fakultäten: Evangelisch-Theologische Fakultät, Katholisch-Theologische Fakultät, Juristische Fakultät, Medizinische Fakultät, Philosophische Fakultät, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät sowie Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät. Pro Jahr werden an der Universität Tübingen über 3000 Abschlussprüfungen, mehr als 800 Promotionen und ca. 70 Habilitationen angefertigt. Die Universität unterhält rund 180 Partnerschaften mit Universitäten in 45 Ländern; Vereinbarungen mit 310 Universitäten im Erasmus-Programm der EU; 50 Partnerschaften mit Hochschulen in Nordamerika; 43 Prozent der Studierenden in Tübingen absolvieren einen Teil ihres Studiums im Ausland.

Derzeit sind fünf Sonderforschungsbereiche, sechs Sonderforschungsbereiche Transregio, fünf Graduierten-kollegs und das Exzellenzcluster: Werner-Reichardt-Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) an der Universität Tübingen angesiedelt. Forschungsschwerpunkte der Universität Tübingen sind: Integrative Neurowissenschaften; Translationale Immunologie und Krebsforschung; Mikrobiologie und Infektionsforschung; Molekularbiologie; Sprache und Kognition; Medien und Bildung; Geo- und Umweltforschung; Archäologie und Anthropologie.

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