Polaren Wirbelstürmen auf der Spur

Erstmalig konnte hierdurch die Häufigkeit von Polartiefs der Vergangenheit bestimmt werden. Die anschließende statistische Analyse der letzten 60 Jahre ergab keinen direkten Zusammenhang zwischen der Klimaerwärmung und dem Auftreten von Polartiefs. Die Ergebnisse der Geesthachter Küstenforscher wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht.

Unvorhersehbare Kraft

Polartiefs sind kleinräumige Stürme, die in den Ozeanen der hohen Breiten auftreten und vergleichbar sind mit tropischen Wirbelstürmen. Ihre starken Winde werden von Seeleuten gefürchtet. Im letzten Jahrhundert ließen sich im Nordatlantik 56 gesunkene Schiffe mit insgesamt 342 Toten auf die Kraft dieser polaren Stürme zurückführen. Auch wenn Polartiefs nicht zu jeder Zeit Orkanstärke erreichen, sind sie für die Seefahrt besonders tückisch, da sie sich sehr plötzlich entwickeln können und aufgrund Ihres geringen Durchmessers von nur einigen hundert Kilometern schwer vorhersehbar sind. Der Mangel an Messstationen in den Polarregionen erschwert die Vorhersage und den Nachweis der Polartiefs zusätzlich.

Wirbelstürme werden plötzlich „sichtbar“

Um herauszufinden, ob sich die Häufigkeit von Polartiefs in den letzen Jahrzehnten im Nordatlantik im Zuge des Klimawandels verändert hat, untersuchte der Umweltwissenschaftler Matthias Zahn vom GKSS-Forschungszentrum Geesthacht in Kooperation mit dem Meteorologischen Institut der Universität Hamburg für den Zeitraum von 1946 bis 2006 globale atmosphärische Daten. Diese Daten liegen für Flächen von rund 200 mal 200 Kilometern vor. „Bei einem eher regionalen Phänomen wie den Polartiefs, die oftmals nur wenige hundert Kilometer im Durchmesser groß sein können, reicht die grobe Auflösung von globalen atmosphärischen Daten für präzise Analysen jedoch nicht aus.“, erläutert Matthias Zahn, der derzeit an der Universität Hamburg promoviert.

Mit dem so genannten „Downscaling-Verfahren“ ist es Matthias Zahn gelungen, die globalen atmosphärischen Daten auf eine Fläche von rund 50 mal 50 Kilometer herunterzurechnen. Weiterhin entwickelte er ein mathematisches Verfahren, um Polartiefs in den nun höher aufgelösten Daten zu detektieren. „So konnten wir mit Hilfe der Mathematik Aussagen über die Häufigkeiten von Polartiefs für vergangene Zeiträume, in denen Satelliten noch nicht flächendeckend im Einsatz waren, treffen. Dabei entdeckten wir zusätzliche Wirbelstürme, die in den bisherigen Wetteraufzeichnungen nicht auftauchten“, beschreibt Matthias Zahn seine Arbeit.

Die anschließende statistische Analyse ergab, dass innerhalb der letzten 60 Jahre kein Langzeittrend in der Häufigkeit der Polartiefs nachgewiesen werden konnte und es derzeit keinen direkten Zusammenhang zum Klimawandel gibt. Das von Matthias Zahn entwickelte mathematische Verfahren wird weiterhin genutzt werden, um statistische Aussagen über veränderliche Starkwindgeschwindigkeiten innerhalb Polartiefs treffen zu können und um zukünftige Szenarien für das Auftreten solcher Stürme daraus abzuleiten.

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