Panzer-Dinos hatten Osteoporose

Die Rüstung erwachsener Ankylosaurier (hier ein Euoplocephalus) bestand aus Hunderttausenden von knöchernen Panzerplatten, so genannten Osteodermen. Die meisten von ihnen waren kleiner als eine Ein-Cent-Münze; manche hatten aber auch einen Durchmesser von mehreren Dutzend Zentimetern. Ankylosaurier-Jungtiere waren dagegen kaum gepanzert.<br>Abbildung: T. Shinmura unter Anleitung von S. Hayashi/Osaka Museum of Natural History<br>

Die Dinos benötigten in dieser Zeit Kalzium und andere Mineralien, um ihren knöchernen Hautpanzer aufzubauen. Diese holten sie sich augenscheinlich aus ihren langen Skelettknochen. Forscher der Universität Bonn stellen diese These in einer aktuellen Studie in der Zeitschrift PLOS ONE vor. Ihre Befunde stützen auch eine weitere Theorie: Die Ankylosaurier waren vermutlich warmblütig.

Erwachsene Ankylosaurier glichen einer uneinnehmbaren Festung: Dicke Knochenplatten in ihrer Haut schützten Kopf, Nacken, Rücken und Schwanz. Bei manchen Arten waren sogar die Augenlider verknöchert. Selbst große Fleischfresser wie der Tyrannosaurus dürften es schwer gehabt haben, diese Rüstung zu knacken. Doch die bisssichere Weste entwickelte sich erst in den ersten Lebensjahren. Bei Jungtieren fehlte sie weitgehend, wie Fossilfunde dokumentieren. Irgendwann in der frühen Wachstumsphase bildeten sich dann die teils flachen, teils dornenförmigen Hautauflagerungen. Dazu benötigten die Tiere jede Menge Kalzium und Phosphor – immerhin konnten die Verknöcherungen das Volumen eines kleinen Schuhkartons erreichen. Doch woher nehmen?

Bonner Paläontologen haben auf diese Frage nun eine überraschende Antwort gefunden: Augenscheinlich nutzten die Panzer-Dinos ihre langen Skelettknochen als Mineralienquelle. Die Wissenschaftler haben die Beinknochen zahlreicher Ankylosaurier unter die Lupe genommen. Dabei fanden sie Anzeichen für einen extremen Umbau während der frühen Wachstumsphase. „In den ersten Lebensjahren wurde das ursprüngliche Knochenmaterial weitgehend durch Sekundärknochen ersetzt“, erklärt Shoji Hayashi. Der Forscher ist als Fellow der Humboldt-Stiftung an die Universität Bonn gekommen; inzwischen arbeitet er im japanischen Osaka. „Wir finden also einen Abbau, der später wieder kompensiert wurde.“

Dieser extreme Umbau sei bei den Dinos äußerst ungewöhnlich. „Wir vermuten, dass die Tiere so ihren hohen Mineralienbedarf bei der Bildung des Panzers deckten“, spekuliert Hayashi. „In dieser Zeit litten sie also zumindest phasenweise unter Osteoporose. Sobald die Panzerung komplett war, wurde der Knochen in den Extremitäten wieder verstärkt.“

Befunde stützen die These, dass Ankylosaurier warmblütig waren

Auch andere Tiere bauen ihre Knochen zeitlebens um – warum, ist umstritten. Besonders ausgeprägt ist dieser Umbau bei Warmblütern, vermutlich aufgrund ihres schnelleren Stoffwechsels. „Der hohe Anteil von sekundärem Knochenmaterial in Ankylosauriern stützt daher die Theorie, dass die Vertreter dieser Gruppe warmblütig waren“, betont Hayashis Co-Autor Professor Dr. Martin Sander von der Uni Bonn.

Interessant ist auch noch eine weitere Beobachtung der Bonner Forscher: Sekundäres Knochenmaterial – Anatomen sprechen auch von „Havers'schem Knochen“ – ist in der Regel relativ instabil. Dass alte Menschen „morsche“ Knochen haben, ist unter anderem auf diesen Umbau zurückzuführen. Bei Ankylosauriern ist der Havers'sche Knochen aber durch eingewebte Bindegewebsfasern verstärkt, wie Martina Stein entdeckte, die Dünnschliffe der Ankylosaurierknochen auswertete. Sie sorgen für zusätzliche Stabilität. Dieses Konstruktionsprinzip kennt man auch aus modernen Verbundwerkstoffen, wie sie etwa in den Rotoren von Windkraftwerken zum Einsatz kommen oder auch in schusssicheren Westen.

Publikation: Long Bone Histology and Growth Patterns in Ankylosaurs: Implications for Life History and Evolution, “PLOS ONE”, DOI: 10.1371/journal.pone.0068590

Kontakt:

Prof. Dr. P. Martin Sander
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie
und Paläontologie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-3105
E-Mail: martin.sander@uni-bonn.de
Katja Waskow
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie
und Paläontologie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-60058
E-Mail: waskow@uni-bonn.de
Sashima Läbe
Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie
und Paläontologie der Universität Bonn
Telefon: 0228/73-60058
E-Mail: sashimalaebe@uni-bonn.de

Media Contact

Johannes Seiler idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-bonn.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer