Und den Klimawandel gibt es doch: Meteorologe der Universität Wien korrigiert weltweit Messdaten

Die Ursache für diese Unterschiede ist nicht bei den Modellen, sondern bei den gemessenen Daten zu suchen, ist sich Leopold Haimberger, Klimaforscher an der Universität Wien, sicher. In einem aktuellen FWF-Projekt korrigiert der Meteorologe die Fehler in den Radiosondenzeitreihen der letzten 50 Jahre und entzieht damit gleichzeitig der Klimawandel-Kritik ihre Grundlage.

In den Tropen wird es immer wärmer: In den letzten zehn Jahren sind dort die Bodentemperaturen um etwa 0,2 Grad Celsius gestiegen. Das entspricht einer Erwärmung von ungefähr zwei Grad pro Jahrhundert. Gängigen Klimasimulationen zufolge müsste der Temperaturanstieg in den höheren Atmosphärenschichten (acht bis zehn Kilometer Meereshöhe) das Doppelte bis Dreifache betragen.

Tut er aber nicht – jedenfalls nicht auf den ersten Blick: Schaut man sich nämlich die Daten aus den Wetterballonmessungen, sogenannte Radiosondenzeitreihen, der letzten 50 Jahre an, scheint die Luft seit den Aufzeichnungen Anfang der 1960er Jahre sogar merklich kühler geworden zu sein. Sind die Klimamodelle falsch? „Nein“, sagt Leopold Haimberger vom Institut für Meteorologie und Geophysik: „Die Radiosonden haben vor allem in den ersten Jahren falsche Messwerte geliefert.“

Systematische Fehler aufgrund veralteter Technik

Vor allem in der Anfangszeit des Einsatzes von Radiosonden in der Meteorologie sind Fehler passiert. Seit den 1960er Jahren werden Radiosonden mit Hilfe von Wetterballons bis hoch in die Stratosphäre transportiert; erstere messen beim Aufstieg Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit. Seit damals hat sich jedoch die Instrumentierung der Geräte wesentlich verbessert. „Die Messungen sind immer präziser geworden. Zum Beispiel haben sich die Sonden zu Beginn der Aufzeichnungen oft in der Sonne erhitzt und daher zu hohe Temperaturen angezeigt“, so Meteorologe Haimberger und weiter: „Heute weiß man darum, und beugt solchen potenziellen Fehlerquellen bereits bei der Messung vor.“

Wenn nun diese systematischen Fehler bei der Dateninterpretation berücksichtigt werden, dann verschwindet die beschriebene Diskrepanz zwischen Simulation und empirischer Beobachtung. Haimberger: „Damit könnte man jenen WissenschafterInnen, die noch immer am treibhausbedingten Klimawandel zweifeln und die politisch durchaus noch Gehör finden, endlich den Wind aus den Segeln nehmen.“

Weltweite Korrektur von Messdaten

Ziel des seit Juli 2009 laufenden, von Leopold Haimberger geleiteten FWF-Projekts „Globale Radiosondendaten für die Klimaforschung“, ist es, die Radiosondenzeitreihen der letzten 50 Jahre zu korrigieren. Kein einfaches Unterfangen – gibt es doch an die 1.000 Wetterstationen weltweit und geschätzte fünf- bis zehntausend Fehler im globalen Radiosondennetz. Um diese Diskrepanzen ausfindig zu machen, vergleicht der Klimaforscher die Daten einer Wetterstation mit jenen ihrer Nachbarstationen: „Die Differenz sollte eigentlich nicht mehr als ein 'statistisches Rauschen' betragen. Aber es gibt immer wieder abrupte Sprünge. Diese Sprünge sagen uns, wo eine Verfälschung der Werte z. B. den Austausch von Messinstrumenten stattgefunden hat“, erklärt Haimberger. Die auf diese Weise ermittelten Fehler werden durch Durchschnittswerte aus den Messungen der benachbarten Stationen korrigiert. Dafür hat der Meteorologe ein Korrekturprogramm entwickelt, das weltweit großen Anklang findet und sich „RAOBCORE – Radiosonde Observation Correction using Reanalyses“ nennt.

Kontakt
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Leopold Haimberger
Institut für Meteorologie und Geophysik
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14 (UZA II)
T +43-1-4277-537 12
leopold.haimberger@univie.ac.at
Rückfragehinweis
Mag. Veronika Schallhart
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 30
M +43-664-602 77-175 30
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