IOW forscht im Schwarzen Meer

Hier im größten sauerstofffreien Becken der Welt wollen die IOW-WissenschaftlerInnen herausfinden, wie sich mikrobielles Leben und Chemie im Schwarzen Meer durch Klimaschwankungen aktuell verändern und in der Vergangenheit verändert haben.

In vielerlei Hinsicht ähnelt das Schwarze Meer der Ostsee. Unterhalb einer Tiefe von etwa 120 Metern herrschen hier im Wasser sauerstofffreie Verhältnisse und es tritt der für höhere Lebensformen giftige Schwefelwasserstoff auf – ähnliche „Todeszonen“ gibt es auch in den tiefen Becken der zentralen Ostsee.

In einem schmalen Übergangsbereich zwischen diesem sauerstofffreien Tiefenwasser und dem sauerstoffreichen Oberflächenwasser, die ForscherInnen nennen ihn Redoxkline, leben in beiden Meeren Bakteriengemeinschaften, die unter anderem das aus der Tiefe aufsteigende Wasser entgiften.

Unter Leitung von Helge Arz, Sektionsleiter Marine Geologie am IOW, ist derzeit ein Team von WissenschaftlerInnen an Bord der MARIA S. MERIAN im Schwarzen Meer unterwegs, um die für das ganze Ökosystem entscheidenden Prozesse an der Redoxkline genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei gehen sie vor allem der Frage nach, wie Klimaveränderungen die Funktion eines solchen Systems nachhaltig verändern können.

Um sich ein vollständiges Bild über die Vorgänge an der Redoxkline zu verschaffen, setzen die WissenschaftlerInnen ein breites Spektrum von Geräten ein. Wasserproben in der Tiefe werden mit einem CTD-Wasserschöpfer genommen und die darin enthaltenen Stoffe und Mikroorganismen in den Bordlaboren untersucht. Mithilfe von Sedimentfallen können die WissenschaftlerInnen herausfinden, wie viele und welche Partikel von der Oberfläche in die Tiefe herabsinken. Und Sedimentkerne, die mit sogenannten Multicorern und Schwereloten am Meeresboden „gezogen“ und im Labor unter die Lupe genommen werden, öffnen den Forschern die Klimaarchive des Schwarzen Meeres: So finden sie heraus, wie sich Schlüsselprozesse an der Redoxkline in der Vergangenheit entwickelt haben.

Nach der Auswertung aller Ergebnisse entsteht schließlich ein umfassendes Bild. Die WissenschaftlerInnen werden dann noch genauer wissen, wie die Redoxkline die Stoffkreisläufe des heutigen Schwarzen Meeres beeinflusst und wie sie in der Vergangenheit auf äußere Umweltveränderungen reagiert hat. Weil über die großen Flüsse Donau, Dnepr und Don seit Tausenden von Jahren Partikel in das Schwarze Meer geschwemmt werden, die wie in einer großen Falle auf den Meeresboden absedimentieren, können die WissenschaftlerInnen nicht nur die Veränderungen im Schwarzen Meer, sondern auch die Klimaschwankungen in seinem riesigen Wassereinzugsgebiet weit zurück in die Vergangenheit rekonstruieren.

Mit diesem Wissen über Gegenwart und Vergangenheit werden noch genauere Prognosen über die zukünftige Entwicklung des Schwarzen Meeres und vergleichbarer Ökosysteme wie der Ostsee möglich.

Die Wochenberichte zur Expedition der MARIA S. MERIAN ins Schwarze Meer finden Sie unter: http://www.io-warnemuende.de/mit-uns-auf-see.html

Kontakt:

Dr. Barbara Hentzsch, Öffentlichkeitsarbeit, IOW
(Tel.: 0381 / 5197 102, Email: barbara.hentzsch@io-warnemuende.de)
Nils Ehrenberg, Öffentlichkeitsarbeit, IOW
(Tel.: 0381 / 5197 106, Email: nils.ehrenberg@io-warnemuende.de)
Das IOW ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der zurzeit 86 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Bund und Länder fördern die Institute gemeinsam. Insgesamt beschäftigen die Leibniz-Institute etwa 16.800 MitarbeiterInnen, davon sind ca. 7.800 WissenschaftlerInnen, davon wiederum 3.300 NachwuchswissenschaftlerInnen. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,4 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 330 Mio. Euro pro Jahr.

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Dr. Barbara Hentzsch idw

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