Internationaler Antarktis-Bericht

Der erste umfassende Bericht über den Stand des Klimas in der Antarktis und seine Beziehung zum globalen Klimasystem wird in der nächsten Woche (1. Dezember) vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Antarktisforschung (Scientific Committee on Antarctic Research – SCAR) in London veröffentlicht.

Der Bericht „Antarctic Climate Change and the Environment“ präsentiert die neuesten Forschungsergebnisse vom eisigen Kontinent. Er zeigt Bereiche für die zukünftige wissenschaftliche Forschung auf und befasst sich mit dringenden Fragen, die politische Entscheidungsträger zur Eisschmelze in der Antarktis, zum Anstieg des Meeresspiegels und zur biologischen Vielfalt haben.

Der Bericht fasst die neuesten Erkenntnisse von mehr als 100 weltweit führenden Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus 13 Ländern zusammen. Er konzentriert sich auf die Auswirkungen und Folgen der raschen Erwärmung der antarktischen Halbinsel und Gebieten des Südlichen Ozeans, den schnellen Eisrückgang in Teilen der Antarktis und die Zunahme von Meereis um den Kontinent, die Auswirkungen des Klimawandels auf die antarktische Pflanzen- und Tierwelt, den so noch nie da gewesenen Anstieg des Kohlendioxidgehalts, den Zusammenhang zwischen vom Menschen verursachten globalen Veränderungen und natürlicher Variabilität und die außergewöhnliche Feststellung, dass das Ozonloch einen Großteil der Antarktis vor der globalen Erwärmung geschützt hat.

Dr. Colin Summerhayes, Geschäftsführender Direktor von SCAR, sagte: „Die Antarktis ist eine einzigartige Informationsquelle über unseren Planeten. Dieser Bericht beschreibt, was wir heute wissen, und illustriert, wie menschliche Aktivität den raschen Klimawandel vorantreibt. Durch die Integration multidisziplinärer Aussagen in einem Bericht helfen wir Wissenschaftlern und politischen Entscheidungsträgern zu verstehen, welche Umweltveränderungen auf natürliche Kreisläufe der Erde zurückzuführen und welche vom Menschen induziert sind. Die Arbeit ist besonders wichtig, weil sie den Klimawandel in der Antarktis in einen globalen Zusammenhang stellt und die Auswirkungen auf den Rest des Planeten zeigt.“

Professor John Turner vom British Antarctic Survey, leitender Redakteur des Berichts: „Für mich ist das Erstaunlichste der Nachweis, dass ein menschlicher Umwelteinfluss – das Ozonloch – den Großteil der Antarktis vor der globalen Erwärmung geschützt hat. Das Verständnis solch komplexer Zusammenhänge ist eine Herausforderung für die Wissenschaft – und diese in sinnvoller Weise für die Gesellschaft und die Politik zu kommunizieren, ist von wesentlicher Bedeutung. Es besteht kein Zweifel, dass unsere Welt sich verändert und menschliche Aktivitäten die globalen Veränderungen beschleunigen. Dieser Bericht ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass die aktuellsten und besten wissenschaftlichen Aussagen gebündelt verfügbar sind. Er stellt die Grundlage für die zukünftige Antarktis-Forschung dar und liefert das Wissen, dass wir uns alle darauf einstellen müssen, mit Umweltveränderungen leben zu müssen.“

Eine Zusammenfassung des Berichts in zehn wichtigen Punkten:

1. Das Ozonloch hat den Großteil der Antarktis in den letzten 30 Jahren vor der globalen Erwärmung geschützt.

2. Die Erwärmung des Südlichen Ozeans führt zu Änderungen im antarktischen Ökosystem.

3. Rasche Zunahme der Pflanzengesellschaften auf der antarktischen Halbinsel

4. Schneller Eisverlust in Teilen der Antarktis
5. Zehnprozentige Zunahme des Meereises rund um die Antarktis
6. Steigerung der Kohlendioxidgehalte so schnell wie noch nie seit 800.000 Jahren

7. Rückgang des Meereises westlich der antarktischen Halbinsel beeinflusst unmittelbar Krillvorkommen und Pinguinkolonien.

8. Die Antarktis könnte sich im Laufe dieses Jahrhunderts um etwa 3 ° C erwärmen.

9. Verluste am Westantarktischen Eisschild könnten den Meeresspiegelanstieg beschleunigen.

10. Verbesserte Modellierung der polaren Prozesse ist für genauere Vorhersagen erforderlich.

Der Wissenschaftliche Ausschuss für Antarktisforschung (SCAR) befasst sich mit der internationalen Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung in der Antarktis und im Südlichen Ozean. Es ist ein interdisziplinäres Komitee des International Council for Science (ICSU) und hat heute 35 Mitgliedsländer. 12 Mitgliedstaaten gründeten ihn im Jahr 1958 nach gemeinsamen Aktivitäten im Rahmen des Internationalen Geophysikalischen Jahres 1957. SCAR spielte eine führende Rolle in dem kürzlich abgeschlossenen Internationalen Polarjahr (2007 – 2008).

Aus Deutschland haben Dr. Julian Gutt und Dr. Eberhard Fahrbach vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven federführend und viele Kollegen mit Fachbeiträgen an dem Bericht mitgearbeitet.

Der Bericht stellt Informationen aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Meteorologie, Glaziologie, Ozeanografie und Biologie) und über verschiedene Aspekte des globalen Klimasystems zusammen. Die wichtigsten Ergebnisse sind in 85 Punkten aufgeführt, die Sie hier finden können: http://www.antarctica.ac.uk/met/SCAR_ssg_ps/ACCE.htm

Herausgeber des Berichts „Antarctic Climate Change and the Environment“:
Dr. Colin Summerhayes, Executive Director SCAR, Scott Polar Research Institute.
Tel: 44 (0) 1223 336542, E-Mail: cps32@cam.ac.uk
Prof. John Turner, British Antarctic Survey. Tel: 44 (0) 1223 221485, E-Mail jtu@bas.ac.uk
Dr. Peter Convey, British Antarctic Survey. Tel: 44 (0) 1223 221588, E-Mail pcon@bas.ac.uk
Dr. Dominic Hodgson, British Antarctic Survey. Tel: 44 (0) 1223 221635, E-Mail daho@bas.ac.uk
Dr. Robert Bindschadler, Chief Scientist, Hydrospheric und Biospheric Sciences Laboratory, NASA Goddard Space Flight
Dr. Julian Gutt, Alfred-Wegener-Institut, Deutschland. Tel: 49 (0) 471 483 1333, E-Mail Julian.Gutt @ awi.de
Dr. Eberhard Fahrbach, Alfred-Wegener-Institut, Deutschland. Tel: 49 (471) 4831-1820, E-Mail Eberhard.Fahrbach @ awi.de
Prof. Guido di Prisco, Institut für Biochemie Protein, Italien. Tel: 39 (0) 81 6132 710, E-Mail: g.diprisco @ ibp.cnr.it

Prof. Paul Mayewski, Climate Change Institute, University of Maine, USA. Tel: 1-207-581-3019, E-Mail: paul.mayewski @ maine.edu

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der sechzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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Margarete Pauls idw

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