Hoch hinaus: Forscher untersuchen Klima- und Landnutzungswandel am Kilimandscharo

Blick auf das Untersuchungsgebiet des Kilimandscharo-Massivs Stefan Ferger, Senckenberg

Während am Fuße des Kilimandscharo Elefanten gemächlich durch die Savanne ziehen, herrschen im Gipfelbereich 50 Kilometer weiter eisige Temperaturen. Dazwischen: Kaffee- und Bananenplantagen, Bergregenwald und subalpine Zonen.

In dieser Vielfalt von Klima- und Vegetationszonen werden jedoch zunehmend natürliche Lebensräume in Agrarlandschaften umgewandelt. Ein Gesamtpaket, das Forscherherzen höher schlagen lässt: hier lassen sich Klima- und Landnutzungswandel, Prozesse die weltweit zum Verlust biologischer Vielfalt führen, auf kleinem Raum gut in ihrer Wirkung studieren.

„Wir wollen wissen, welche Spuren die Doppelbelastung von Klima- und Landnutzungswandel in der biologischen Vielfalt und einer Reihe von Ökosystemdienstleistungen wie beispielsweise Bestäubung von Pflanzen am Kilimandscharo hinterlässt,“ umreißt Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und der Goethe-Universität, das Projekt und fährt fort: „Am Ende soll es belastbare Projektionen über die zukünftige Entwicklung unter weiterem Klima- und Landnutzungswandel geben.“

Damit soll vor allem beantwortet werden, wie die Ökosysteme am Kilimandscharo nachhaltig genutzt werden können. Das ist insbesondere für die eine Million Menschen, die mittlerweile an den Hängen des Kilimandscharo lebt, und tagtäglich auf die Leistungen der Natur angewiesen ist, relevant. Es geht aber auch um den notwendigen Schutz von biologischer Vielfalt und Ökosystemen. Sorgen bereitet den Forschern der Rückgang des Bergregenwaldes, der im Zusammenspiel mit den geographischen Gegebenheiten wesentlich die Niederschlagsmuster der Region bestimmt.

„Basis unserer umfangreichen Untersuchungen sind Daten aus 65 Messflächen, die alle vorhandenen Vegetationszonen und Ökosysteme – sowohl naturnahe als auch stark durch den Menschen beeinflusste – abdecken. Das Netz der Messflächen überbrückt einen Höhenunterschied von knapp 3700 Meter, was 22 Grad Temperaturunterschied im Jahresmittel entspricht,“ so Böhning-Gaese. Beispielsweise werden Daten zum Kohlenstoff-, Stickstoff- und Wasserkreislauf im Zusammenhang mit der Vegetation erhoben. Darauf basierend soll simuliert werden, wie sich diese Kreisläufe verändern könnten, wenn sich Klima und Landnutzung ändern.

In einem weiteren Unterprojekt werden am Boden erhobene Daten zur biologischen Vielfalt mit hochaufgelösten Luft- und Satellitenbildern der gleichen Flächen abgeglichen. Der Vergleich des ‚Ist-Zustands‘ mit den Fernerkundungsbildern soll deren Auswertung verbessern. Damit ließen sich größere Flächen analysieren und Veränderungen der biologischen Vielfalt einfacher aufspürbar machen. Andere Forscher arbeiten daran, eine ‚Rote Liste‘ von Tier- und Pflanzenarten am Kilimandscharo zu erstellen. Das Besondere: Neben dem gemessenen Bedrohungsstatus soll einfließen, welchen Wert die Bevölkerung den Arten zuschreibt.

Um die Praxisrelevanz der Forschung zu gewährleisten, kooperiert das Team eng mit den Behörden und Institutionen vor Ort, wie dem Tanzanian Wildlife Research Institute. „Außerdem bilden wir unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Katholischen Akademischen Austauschdienst (KAAD) lokale Post-Docs, Doktoranden und wissenschaftlichen Hilfskräften aus und weiter, um auch auf diesem Wege die nachhaltige Entwicklung des Gebietes zu unterstützen,“ erklärt Böhning-Gaese.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt das Projekt „Kilimanjaro ecosystems under global change: Linking biodiversity, biotic interactions and biogeochemical ecosystem processes“ im Rahmen der zweijährigen Laufzeit mit rund 2,3 Millionen Euro. Zu dem Projekt gehörende Forschungsvorhaben werden bereits seit 2010 von der DFG gefördert; im November startet 2016 nun die dritte und letzte Phase. Involviert sind neun Institutionen: Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Goethe-Universität Frankfurt, Philipps-Universität Marburg, Universität Würzburg, Universität Bern, Universität Bayreuth, Universität Oldenburg und das Helmholtz Zentrum für Umweltforschung.

Kontakt

Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1890
Katrin.Boehning-Gaese@senckenberg.de

Sabine Wendler
Pressestelle
Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Tel. 069- 7542 1818
pressestelle@senckenberg.de

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Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können – dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr fast 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de

2016 ist Leibniz-Jahr. Anlässlich des 370. Geburtstags und des 300. Todestags des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (*1.7.1646 in Leipzig, † 14.11.1716 in Hannover) veranstaltet die Leibniz-Gemeinschaft ein großes Themenjahr. Unter dem Titel „die beste der möglichen Welten“ – einem Leibniz-Zitat – rückt sie die Vielfalt und die Aktualität der Themen in den Blick, denen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der bundesweit 88 Leibniz-Einrichtungen widmen. www.bestewelten.de

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