Frühe Säugetierverwandte als Zeugen des größten Aussterbens in der Erdgeschichte

Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Erholung von Arten sowie ganzen Ökosystemen nach Aussterbeereignissen unvorhersehbar ist, ein Befund, der erhebliche Auswirkungen auf das durch menschliche Einflüsse verursachte Artensterben in der heutigen Welt hat.

Eine zunehmende Zahl heute lebender Arten ist durch den globalen Klimawandel, Lebensraumzerstörung und Übernutzung vom Aussterben bedroht. Der Fossilbericht wird von Wissenschaftlern genutzt, um aus vergangenen Katastrophen zu lernen, so z.B. wie es zu Massenaussterben gekommen ist, und auf welche Weise und wie schnell Arten und Ökosysteme sich davon wieder erholt haben.

Bisherige Forschung deutet darauf hin, dass sich Überlebenden von Massenaussterben oftmals neue ökologische Möglichkeiten bieten. Der Verlust vieler zuvor vorhandener Arten im Ökosystem ermöglicht es den Überlebenden, neue Lebensstile und neue anatomische Merkmale zu entwickeln, während sie leere ökologische Nischen füllen. Allerdings reagieren nicht alle Überlebenden auf die gleiche Weise, und einige können möglicherweise diese neuen Möglichkeiten nicht in dem vollen Umfang nutzen, wie sie sich nach einem Massenaussterben ergeben.

Das größte Massenaussterben der Erdgeschichte am Ende des Perm – vor etwa 252 Millionen Jahren – hatte tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben an Land und im Meer, mit dem Verlust von nicht weniger als 90% der marinen Organismen und 70% der terrestrischen Arten. „Zu dieser Zeit waren die Anomodontier die dominierenden Pflanzenfresser an Land und waren stark von dem Aussterbeereignis betroffen mit nur wenigen Überlebenden Arten“, so Prof. Fröbisch, Paläontologe am Museum für Naturkunde Berlin. „Anomodontier sind artenreich, individuenreich und ökologisch sehr divers, mit voll terrestrischen, semi-aquatischen, grabenden, und kletternden Formen. Dies macht sie zu einer idealen Modellgruppe für makroevolutionäre Untersuchungen.“

Die Studie zeigt, dass anomodonte Therapsiden während der Erholungsphase mit steigenden Artenzahlen anatomisch sehr konservativ geblieben sind und dass die Vielfalt der anatomischen Merkmale in Anomodontiern im Laufe ihrer Evolutionsgeschichte stetig zurückgegangen ist. Selbst in der Zeit nach dem Massenaussterben, als sich eine Vielzahl an ökologischen Möglichkeiten eröffnet haben müssen, haben Anomodontier keine grundlegend neuen Merkmale entwickelt. Dies deutet darauf hin, dass der evolutionäre Flaschenhals, durch den sie nach dem Aussterbeereignis gingen, ihre Entwicklungsmöglichkeiten während der Erholungsphase eingeschränkt hat.

Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Erholung von Arten sowie ganzen Ökosystemen nach Aussterbeereignissen unvorhersehbar ist, ein Befund, der erhebliche Auswirkungen auf das durch menschliche Einflüsse verursachte Artensterben in der heutigen Welt hat. Man kann nicht einfach davon ausgehen, dass das Leben zu seinem ursprünglichen Verlauf vor den Beeinträchtigungen zurückzukehrt.

Die Forschung ist Teil eines kollaborativen Projektes von Prof. Jörg Fröbisch (Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, Berlin) mit dem Erstautor der Studie Dr. Marcello Ruta (University of Lincoln, UK) sowie Dr Kenneth Angielczyk (Field Museum of Natural History, Chicago, USA) und Prof. Michael Benton (University of Bristol, UK).

Das Projekt wurde aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der Alexander von Humboldt-Stiftung und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Natural Environment Research Council (UK) finanziert.

Der Artikel wird am Mittwoch dem 14.08.2013 in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society B publiziert.

Illustrationen erhalten Sie unter:
http://download.naturkundemuseum-berlin.de/presse/Aussterbeereignisse
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