Expedition in kaum erforschte Welten

Der Countdown läuft: Im Dock der Bremerhavener Lloyd Werft wird die „Polarstern“ auf ihre bisher längste Reise in die Antarktis vorbereitet.<br>Foto: Wolfgang Heumer<br>

Professor Dr. Peter Lemke hat relativ klare Vorstellungen von den Witterungsverhältnissen, die er demnächst erleben wird. Eiskalt wird es sein, Schneestürme wird es geben, einige Wochen lang besteht keine Aussicht auf Sonnenlicht.

Wenn hierzulande der Sommer beginnt, wird Lemke an Bord des Forschungseisbrechers „Polarstern“ auf der anderen Seite der Erde im atlantischen Sektor der Antarktis sein. Dort herrscht dann Polarnacht mit den beschriebenen Extremverhältnissen vor. Dass sich der international renommierte Meereis- und Klimawissenschaftler dennoch so sehr auf diese Reise freut, hat einen Grund: „Es ist eine der ganz seltenen Gelegenheiten, um diese Jahreszeit in dieser Gegend zu forschen.“

Ob für Biologen, Chemiker, Geowissenschaftler, Meteorologen oder Physiker: Das Weddellmeer im Winter gehört zu den letzten weißen Flecken auf dem Blauen Planeten. „Es gibt nur ganz wenige Schiffe, die sich in den Breiten um die Jahreszeit überhaupt aufhalten können“, sagt Lemke. Das Flaggschiff des AWI, die „Polarstern“, gehört dazu. Obwohl der Eisbrecher mittlerweile 30 Jahre alt ist, gilt er als die weltweit leistungsfähigste Forschungsplattform für die Arbeit auf den polaren Ozeanen.

Lediglich vier Mal ist die „Polarstern“ in den vergangenen drei Jahrzehnten während des süd-polaren Winters in der Region gewesen. „Wir versuchen, unsere Kapazität so zu nutzen, dass beide Polargebiete der Erde gleichermaßen erforscht werden können“, erläutert Dr. Uwe Nixdorf, Leiter des Bereiches Logistik und Arbeitsplattformen am AWI. Dass die Arktisforscher dieses Mal für die 19-monatige und damit längste Expedition in den Süden zurückstecken müssen, hat einen wichtigen Grund: die Erforschung des Klimawandels.

Während die sommerliche Meereisbedeckung in der Arktis seit Jahren dramatisch abnimmt, dehnt sich das Meereis rund um den eisigen Kontinent im Süden zur selben Zeit langsam weiter aus. „Aus den Satellitenaufnahmen können wir aber nicht ermitteln, ob nur die Fläche oder auch die Eismasse insgesamt zunimmt“, sagt Professor Lemke. „Unter Umständen nimmt auch im Süden die Menge an Meereis ab, ohne dass wir dies bislang bemerken konnten“, so Lemke.

Die 55 Wissenschaftler an Bord der „Polarstern“ blicken aber nicht nur auf das Eis, sondern auch darunter. Einer der weiteren Schwerpunkte des sogenannten Winterexperimentes ist es, möglichst viele Informationen über die meeresbiologischen Verhältnisse in der Region während der Wintermonate zu sammeln.

Der Vielzahl der geplanten Experimente und Probeentnahmen entsprechend muss die „Polarstern“ nun bis in den letzten Winkel mit Material und Ausrüstung gefüllt werden. Deswegen herrscht am Liegeplatz auf der Bremerhavener Lloyd Werft derzeit angespannte Betriebsamkeit. Während Werftarbeiter letzte Hand an das Schiff legen, beladen Mitarbeiter der Hamburger Reederei Laeisz das Schiff mit allem, was für eine Seereise zum anderen Ende der Welt erforderlich ist. Zugleich rollt Lkw für Lkw jedes Gerät an, das die Wissenschaftler an Bord benötigen.

Jeder Handgriff muss sitzen, nichts darf vergessen werden – was fehlt oder kaputt geht, kann jetzt nicht mehr ersetzt werden. Ohnehin ist bei allen Fahrten der „Polarstern“ nichts dem Zufall überlassen. Weltweit bewerben sich Wissenschaftler, um die schwimmende Forschungsplattform zu nutzen. In einem mehrjährigen Antrags- und Bewertungsverfahren wird dann von einem Expertengremium entschieden, wer mit welchem Thema einen der wenigen Plätze an Bord bekommt.

Pressekontakt:
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
Dr. Folke Mehrtens, Pressereferentin,
Telefon: 0471 – 48 31 20 07, E-Mail: folke.mehrtens@awi.de

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Wolfgang Heumer Pressedienst Bremen

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