Bremer Geografen beenden Tiefbohrung in Patagonien

Als in Deutschland der Sommer 2008 zu Ende ging, brachen Wissenschaftler der Universität Bremen zusammen mit einem internationalen Team in den beginnenden Frühling zur anderen Seite der Erdkugel auf, um in der Steppe Südamerikas eine Tiefbohrung in einem ungewöhnlichen Kratersee zu realisieren.

Das Projekt PASADO (Potrok Aike Maar Lake Sediment Archive Drilling Project) soll durch die Analyse von Sedimentkernen Informationen über die Entwicklung des Klimas vom Höhepunkt der letzten Vereisung bis heute liefern und ist eines von drei deutschen Projekten in Binnenseen, die vom „International Continental Scientific Drilling Program“ (ICDP) gefördert werden.

„Die Rekonstruktion von Klimaänderungen in weit zurückliegende Zeiten ermöglicht uns, ein besseres Verständnis über die aktuell ablaufenden Klimaveränderungen zu erhalten“, erklärt der Leiter des Projektes Professor Bernd Zolitschka vom Institut für Geographie der Universität Bremen. Für die Trockensteppe im Süden von Argentinien sind Informationen über die Entwicklung des Niederschlages besonders wichtig, da schon ein sehr geringer Rückgang ausreicht, um weite Gebiete in Halbwüsten zu verwandeln.

Diese Gebiete sind dann für die landwirtschaftliche Nutzung verloren. Die über 100 m mächtigen Ablagerungen, die sich am Grund des Steppensees Laguna Potrok Aike im Laufe der Jahrtausende angesammelt haben, archivieren Klimainformationen und konnten nun nach mehrjähriger Vorbereitung erstmals erbohrt werden. Möglich wurde diese 1,5 Millionen Euro teure Tiefbohrung nur durch die enge Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Kooperationspartnern an Universitäten und Forschungseinrichtungen, u. a. dem Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und der auf Seebohrungen spezialisierten Bohrfirma DOSECC aus Salt Lake City (USA).

„Der logistische Aufwand war immens, da die aus elf Containern bestehende und 60 t schwere Bohrplattform aus Salt Lake City in die menschenleere Steppe Patagoniens transportiert, dort zusammengebaut und zu Wasser gelassen werden musste“, konstatiert Dr. Christian Ohlendorf, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geographie der Universität Bremen.

Von der schwimmenden Bohrplattform konnten Sedimentkerne mit einer Gesamtlänge von mehr als 500 m geborgen werden. Erste physikalische und geochemische Untersuchungen an den Proben wurden bereits vor Ort im eigens eingerichteten Geländelabor durchgeführt. Die Arbeiten auf der Bohrplattform und im Labor erfolgten rund um die Uhr im Rhythmus von zwölf-stündigen Schichten und unter zum Teil schwierigsten Witterungsbedingungen. Mehrfach geriet die Bohrplattform bei orkanartigen Stürmen in Seenot und Teile der Ausrüstung mussten aufgegeben werden. Eine Erschwernis, die das Team von insgesamt 34 Wissenschaftlern aus zehn Nationen jedoch nicht von ihrer Arbeit abschrecken konnte. „Auch wenn aufgrund der extremen Witterungsbedingungen nicht so tief gebohrt werden konnte, wie wir es uns erhofft hatten, betreten wir mit jedem Meter Sediment, der unter größtem Einsatz vom Seegrund zu Tage gefördert wurde, wissenschaftliches Neuland für diesen Teil unserer Erde“, fasst Prof. Dr. Bernd Zolitschka am Ende die Bohraktivitäten zusammen.

Zurzeit befinden sich die Sedimentkerne noch im Kühlcontainer auf dem Transport von Argentinien nach Bremen. Bei allen beteiligten Wissenschaftlern, die dieses natürliche Archiv in den kommenden Jahren intensiv auswerten werden, wächst die Spannung, je näher die Beprobung der frisch gewonnenen Kerne im GEOPOLAR-Labor in Bremen rückt. Sie ist für das kommende Frühjahr vorgesehen.

Ein Faltblatt mit allgemeinen Informationen zum Projekt ist von der Website http://www.pasado.uni-bremen.de/Files/Flyer(german).pdf herunterladbar. Darüber hinausgehende Informationen können von der Website http://www.pasado.uni-bremen.de abgerufen werden.

Kontaktadresse für Detailinformationen:

Universität Bremen
GEOPOLAR, Institut für Geographie
Prof. Dr. Bernd Zolitschka
Tel.: 0421-218-2158 (direkt) bzw. 0421-218-2165 (Sekretariat)
Fax: 0421-218-9658
E-Mail: zoli@uni-bremen.de

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