Vor über zwei Millionen Jahren verschwand ein Drittel der Haie, Wale, Meeresvögel und -schildkröten. Dieses bisher in der Erdgeschichte unerkannte Aussterben der grössten marinen Megafauna hatte nicht nur beachtliche Folgen für die Artenvielfalt, sondern auch für die Ökosysteme in Küstengewässern. Dies zeigen Forschende der Universität Zürich auf.
Während der Eiszeit starben der Säbelzahntiger oder das Mammut aus. Dieses Verschwinden eines Grossteils der terrestrischen Megafauna ist bestens bekannt. Forschende der Universität Zürich und des Naturkundemuseums Berlin belegen nun, dass es bereits früher in der Erdgeschichte zu einem ähnlich grossen Aussterben in den Weltmeeren kam.
Neues Aussterben entdeckt
Das internationale Team untersuchte Fossilien der marinen Megafauna aus dem Pliozän (5,3 bis 2,6 Millionen v. Chr.) und dem Pleistozän (2,6 Millionen bis rund 9'700 Jahre v. Chr.). «Wir konnten aufzeigen, dass etwa ein Drittel der marinen Megafauna vor rund drei bis zwei Millionen Jahren verschwand.
Aufgrund dieses Ereignisses erben wir heute eine marine Megafauna, deren Vielfalt sich im Laufe der Erdgeschichte bereits reduziert und verändert hat», erklärt Erstautorin Dr. Catalina Pimiento, die die Studie am Paläontologischen Institut und Museum der Universität Zürich durchgeführt hat.
Vom neu entdeckten Aussterben betroffen waren vor allem die Meeressäugetiere, die 55 Prozent ihrer Vielfalt einbüssten. 43 Prozent der Gattungen gingen bei den Meeresschildkröten verloren, 35 Prozent bei den Meeresvögeln und 9 Prozent bei den Haien.
Dafür entwickelte sich im nachfolgenden Pleistozän neues Leben: Rund ein Viertel der Tiergattungen – etwa der Eisbär Ursus, die Sturmschwalbe Oceanodroma oder der Pinguin Megadyptes – gab es im Pliozän noch nicht. Insgesamt wurde die vorherige Vielfalt jedoch nicht wieder erreicht.
Auswirkungen auf die funktionelle Diversität
Um die Folgen dieses Aussterbens nicht nur quantitativ zu eruieren, konzentrierte sich das Forscherteam auf die Flachwasserzonen in Küstennähe und untersuchte die Auswirkungen des Wegfalls ganzer Artengruppen auf das Ökosystem. In solche funktionelle Einheiten zusammengefasst werden Tiere, die nicht unbedingt verwandt sind, aber ähnliche Eigenschaften und Funktionen innerhalb eines Ökosystems haben. Der Befund: Im Schelfmeer gingen im Pliozän 7 Einheiten verloren.
Obwohl der Verlust von 7 funktionellen Einheiten und einem Drittel der Gattungen relativ bescheiden ist, führte er zu bedeutenden Verschiebungen innerhalb der funktionellen Diversität: 17 Prozent der gesamten Vielfalt ökologischer Funktionen verschwanden im Ökosystem und deren 21 Prozent veränderten sich. Bisher übliche Beutetiere fielen weg, neue Konkurrenten tauchten auf und die Meerestiere mussten sich anpassen. Die Forscher fanden zudem heraus, dass sich gleichzeitig der Lebensraum in den Küstengebieten aufgrund stark schwankender Meereshöhen markant reduzierte.
Grosse Warmblüter anfällig auf globale Umweltveränderungen
Die Forscher folgern daher, dass der plötzliche Verlust der produktiven Küstenlebensräume zusammen mit ozeanografischen Faktoren wie etwa veränderten Meeresströmungen wesentlich zum Aussterben beitrug. «Unsere Modelle ergaben, dass besonders Warmblüter mit hohem Energiebedarf eine grössere Aussterbewahrscheinlichkeit hatten. So verschwanden etwa diverse Seekuh- und Bartenwalarten sowie der Riesenhai Carcharocles megalodon», erklärt Dr. Pimiento. «Die Studie zeigt, dass die marine Megafauna weit anfälliger für globale Umweltveränderungen in der jüngsten geologischen Vergangenheit war als bisher angenommen.» Die Forscherin weist auf eine aktuelle Parallele hin: Auch heute sind grosse marine Arten wie Wale oder Robben sehr anfällig für menschliche Einflüsse ins Ökosystem.
Literatur:
Catalina Pimiento, John N. Griffin, Christopher F. Clements, Daniele Silvestro, Sara Varela, Mark D. Uhen and Carlos Jaramillo. The Pliocene marine megafauna extinction and its impact on functional diversity. June 26, 2017. Nature Ecology & Evolution. DOI: 10.1038/s41559-017-0223-6
http://www.media.uzh.ch/de.html
Melanie Nyfeler | Universität Zürich
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