Bisher älteste bekannte Sauerstoffoase entdeckt

In der frühen Erdgeschichte, vor mehreren Milliarden Jahren, war Sauerstoff höchstens in Spuren in der Atmosphäre und in den Ozeanen vorhanden. Heutige luftatmende Lebewesen hätten unter solchen Bedingungen nicht existieren können.

Den Umschwung bewirkten Fotosynthese betreibende Bakterien, die Sauerstoff als Abfallprodukt hinterließen – und das in gigantischen Mengen. Hinweise auf die erste globale Zunahme des Sauerstoffanteils in der Atmosphäre liefern 2,5 Milliarden Jahre alte Ablagerungen verschiedener Kontinente.

Nun haben Dr. Benjamin Eickmann und Professor Ronny Schönberg von der Isotopengeochemie der Universität Tübingen gemeinsam mit internationalen Kollegen im südafrikanischen Pongolabecken Ablagerungen entdeckt, die von Sauerstoffausstoß durch Bakterien bereits vor 2,97 Milliarden Jahren zeugen.

Das Becken ist die bisher älteste nachgewiesene Stätte mit von Lebewesen produziertem Sauerstoff – eine sogenannte Sauerstoffoase. Ihre Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Geoscience veröffentlicht.

Aus heutiger Sicht würde man die Verhältnisse auf der Erde vor rund drei Milliarden Jahren als unwirtlich bezeichnen. In den Gasen der Atmosphäre gab es ungefähr 100.000-mal weniger Sauerstoff als heute. Die frühen Ozeane enthielten kaum Sulfat, dafür aber große Mengen an zweiwertigem Eisen. Als Bakterien mit der Sauerstoffproduktion begannen, konnte der Sauerstoff zunächst noch gebunden werden, reicherte sich dann aber in der Atmosphäre in einem Ereignis des massenhaften Sauerstoffausstoßes vor 2,5 Milliarden Jahren doch an.

„Das lässt sich durch das Verschwinden reduzierter Minerale in den Sedimenten der Kontinente belegen. Auch bestimmte Schwefelsignaturen, die nur in der sauerstoffarmen Atmosphäre gebildet werden konnten, sind nicht mehr zu finden“, erklärt Benjamin Eickmann, der Erstautor der Studie. Dieses Ereignis, welches sich als globale Umweltverschmutzung beschreiben lässt, ging als „Große Sauerstoffkatastrophe“ in die Erdgeschichte ein.

Katastrophal deshalb, weil Sauerstoff für frühe Bakterienarten, welche sich unter sauerstoffarmen Bedingungen entwickelt hatten, giftig war. „Allerdings enthielt die Atmosphäre nach diesem ersten Anstieg auch nur 0,2 Prozent Sauerstoff, heute sind es rund 21 Prozent“, sagt Eickmann. In der Atmosphäre, die immer mehr Sauerstoff enthielt, verwitterten die Kontinente zunehmend. Dadurch stieg der Eintrag von Spurenelementen in die Ozeane. Das verbesserte Nährstoffangebot führte zu einer Ausbreitung der Lebensformen in den Meeren.

Schwefelsignaturen als erdgeschichtliches Archiv

In ihrer aktuellen Studie untersuchte das Forscherteam die 2,97 Milliarden Jahre alten Ablagerungen des Pongolabeckens im heutigen Südafrika. Aus dem Verhältnis von Schwefelatomen unterschiedlicher Masse, den sogenannten Schwefelisotopen (insbesondere das 34S/32S-Verhältnis), in den Ablagerungen können die Forscher schließen, dass dort Bakterien das im Meerwasser vorhandene Sulfat als Energiequelle nutzten und dabei reduzierten. „Sulfat ist eine Form oxidierten Schwefels.

Eine erhöhte Sulfatkonzentration im Meerwasser setzt ausreichend freien Sauerstoff voraus, den es dort im flachen Meerwasser des Pongolabeckens gegeben haben muss“, erklärt Ronny Schönberg. Dieser freie Sauerstoff müsse von anderen, Fotosynthese treibenden Bakterien produziert worden sein.

Gleichzeitig weise eine weitere Schwefelisotopensignatur (das 33S/32S-Verhältnis) dieser Sedimente auf eine nach wie vor reduzierte, sehr sauerstoffarme Atmosphäre hin. „Zumindest bisher ist das Pongolabecken somit die älteste bekannte Sauerstoffoase. Dort reicherte sich der Sauerstoff im Wasser schon lange vor der Großen Sauerstoffkatastrophe an“, sagt Schönberg zusammenfassend. Einige hundert Millionen Jahre später führte die stetig steigende Anreicherung des Sauerstoffs zur Oxidation der Atmosphäre – was die Arten und die Vielfalt des Lebens in seiner heutigen Form erst möglich gemacht hat.

Publikation:
Benjamin Eickmann, Axel Hofmann, Martin Wille, Thi Hao Bui, Boswell A. Wing and Ronny Schoenberg: Isotopic evidence for oxygenated Mesoarchaean shallow oceans. Nature Geoscience, DOI 10.1038/s41561-017-0036-x

Kontakt:
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Geowissenschaften – Isotopengeochemie

Prof. Dr. Ronny Schönberg
schoenberg[at]ifg.uni-tuebingen.de
Telefon +49 7071 29-78903

Dr. Benjamin Eickmann
benjamin.eickmann[at]uni-tuebingen.de
Telefon +49 7071 29-73156

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Dr. Karl Guido Rijkhoek idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

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