Bewährungsprobe in stürmischer See

Während einer dreiwöchigen Ausfahrt mit dem Forschungsschiff METEOR im Südatlantik haben MARUM-Wissenschaftler das von ihnen entwickelte Meeresboden-Bohrgerät „MeBo“ mit einem neuem Bohrverfahren erstmals erfolgreich eingesetzt.

Trotz widriger Wetterbedingungen gelang es, das zehn Tonnen schwere High-Tech-Gerät mehrfach in Wassertiefen bis zu 1.200 Metern abzusetzen und weit mehr als 100 Meter Meeresblagerungen zu erbohren.

Meeresablagerungen stellen ein ausgezeichnetes Umwelt- und Klimaarchiv unseres blauen Planeten dar, das Jahrmillionen in die Vergangenheit zurück reicht. Daher sind Sedimentproben Rohstoff für vielfältige wissenschaftliche Fragestellungen. Indes konnten längere Abfolgen des Sediments bislang nur durch den sehr teuren Einsatz spezieller Bohrschiffe gewonnen werden. Alternativ können die Forscher auf Sedimentkerne zurückgreifen, die aus dem Meeresboden gestanzt werden, aber den Nachteil haben, dass sie sehr kurz sind.

„Wir wollten eine flexible Lösung und haben daher am MARUM mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Landes Bremen das Meeresbodenbohrgerät MARUM-MeBo entwickelt“, sagt Expeditionsleiter Prof. Gerold Wefer. „Ich bin sehr froh, dass das Gerät seine Bewährungsprobe nach einer längeren Testphase so erfolgreich bestanden hat.“

Tatsächlich kann der sechs Meter hohe Bohrturm von größeren Forschungsschiffen wie der METEOR in Wassertiefen von bis zu 2.000 Meter am Meeresboden abgesetzt werden. MARUM-MeBo kann sowohl lockere Sedimente als auch feste Gesteine erbohren. „Das Gerät ist dabei mit einer Art Nabelschnur mit dem Mutterschiff verbunden“, sagt Projektleiter Dr. Tim Freudenthal. „Über dieses stahlarmierte Spezialkabel schicken wir Steuersignale in die Tiefe. Umgekehrt empfangen wir Videobilder vom Meeresboden und können den Bohrfortschritt überwachen.“

Das MARUM-Team nutzte die Expedition auch, um die Abläufe rund um das Bohrgerät zu optimieren. So wurden mit einer neuen Methode, dem sogenannten Seilkernverfahren, Bohrgeschwindigkeiten und Kerngewinn optimiert. „Die mit 50 Metern tiefste Bohrung konnten wir innerhalb von nur 24 Stunden durchführen“, sagt Dr. Freudenthal. „Das war auch notwendig, denn auf der Südhalbkugel ist jetzt Winter. Die Wind- und Strömungsbedingungen waren daher auch nicht immer einfach“, berichtet MARUM-Direktor Prof. Wefer.

In den kommenden Monaten werden die Proben vom Meeresgrund in den Bremer Labors näher untersucht. Sie sollen Aufschluss geben über die Ablagerungsverhältnisse im Mündungsbereich des Rio de la Plata, der vor Buenos Aires sage und schreibe pro Jahr rund 80 Millionen Tonnen Erosionsmaterial* vom südamerikanischen Kontinent in den Atlantik spült.

Für Gerold Wefer und Tim Freudenthal steht fest: „Die METEOR-Expedition hat den Vorteil eines transportablen Meeresboden-Bohrgeräts bewiesen.“ Das schlägt auch in der Einsatzplanung des MARUM-MeBo nieder: es ist für die nächsten zwei Jahre ausgebucht.

Media Contact

Albert Gerdes idw

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