Auch das Postamt ist gewandert – Potsdamer Geoökologen untersuchen die Rutschbewegung des Heumöser Hanges in den Vorarlberger Al

Ursache für diese mobilen Immobilien ist die Kriechbewegung des Heumöser Hanges von bis zu zehn Zentimetern pro Jahr, die laut Ortsvorsteher Wilfried Peter seit mehr als 15 Jahren auftritt. Potsdamer Geoökologen um Juniorprofessor Erwin Zehe untersuchen dieses Phänomen seit 2006. Ihre Arbeit ist eingebunden in die einer Forschergruppe, zu der auch Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin und der Universität Stuttgart gehören.

Rutscht der gesamte Hangkörper auf dem Festgestein oder hat sich eine Gleitfuge gebildet? Und wenn ja, in welcher Tiefe? Welchen Einfluss haben die mehr als 2500 Millimeter Niederschlag pro Jahr, die im Sommer in Ereignissen bis zu 270 Millimetern pro Tag (ein Drittel des deutschen Jahresniederschlags) auf den Hang prasseln? Das sind Fragen, denen das Team nachgeht. Um ihrer Klärung näher zu kommen, wurde in Zusammenarbeit mit örtlichen Behörden ein umfassendes Beobachtungsnetz eingerichtet. Der Niederschlag, der Abfluss dreier Bäche sowie die Schüttung einer Quelle am Fuße des südwestlichen Teils werden kontinuierlich gemessen. Zusätzlich werden in zwei Bohrlöchern die Fluktuation des Grundwasserstands und die Verformung des Hangkörpers registriert. Weiterhin werden Kenngrößen wie die Durchlässigkeit der Böden und geotechnische Parameter ermittelt.

Erste Analysen haben gezeigt, dass die Hangbewegung nur in den Zeiträumen besonders stark ist, in denen sich Niederschlagsereignisse einer Menge von mehr als 30 Millimetern pro Tag anhäufen. Deshalb gehen die Wissenschaftler von der Hypothese aus, dass sich bei starken Niederschlägen ein so genanntes artesisches System bildet. Das bedeutet, im Südwestteil des Hanges baut sich ein Stauwasserkörper auf, der Anschluss an einen Grundwasserleiter im unteren Hangbereich findet. So eine zusammenhängende „Wassersäule“ würde aufgrund der Höhendifferenz von circa 50 Metern immense Auftriebskräfte im unteren Hangbereich erzeugen und den Hang schwächen. Obwohl bereits Hinweise auf eine Scherzone in sieben bis acht Meter Tiefe vorliegen und die beobachteten Reaktionen der Quelle und der Grundwasserstand zur Idee des artesischen Systems passen, muss diese Vermutung aber noch weiter geprüft werden.

Interesse an den Untersuchungen haben dabei nicht nur die Wissenschaftler selbst, sondern auch die Bewohner der über 400 Jahre alten Gemeinde Ebnit. Sie müssen wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Heumöser Hang innerhalb der eigenen Lebensspanne versagt und ob sich dies vielleicht durch geotechnische Maßnahmen vermeiden lässt. Nur so können sie entscheiden, ob sie bleiben oder wegziehen.

Hinweis an die Redaktionen:
Für Fragen steht Ihnen Juniorprofessor Erwin Zehe im Institut für Geoökologie der Universität Potsdam unter Tel.: 0331/977-2675, -2018 und E-Mail: ezehe@uni-potsdam.de zur Verfügung. Diese Medieninformation ist auch unter http://www.uni-potsdam.de/pressmitt/2007/pm078_07.htm im Internet abrufbar.

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Andrea Benthien idw

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