CO_2 zurück in die Erde – Bohrbeginn am CO_2 -Speicher in Ketzin

Unter Federführung des GFZ Potsdam wird in Zusammenarbeit mit 18 Partnern aus 9 Ländern europaweit erstmals untersucht, wie CO_2 in tief gelegenen — mit Salzwasser gefüllten — porösen Gesteinsschichten eingebracht und gespeichert werden kann. Diese erste Bohrung soll der Einspeisung von CO_2 in den Speicherhorizont dienen. Um die Speicherung zu überwachen und ortsnah die Ausbreitung des CO_2 im Untergrund zu untersuchen, werden zwei zusätzliche Beobachtungsbohrungen bis auf 800 Meter niedergebracht und mit modernster Sensorik bestückt. Die Bohrarbeiten werden bis in den Sommer gehen.

Mit dieser Pilotanlage entsteht ein „Großlabor“, in dem das Verhalten von CO_2 im Untergrund unter realistischen Bedingungen untersucht wird. „/Die Speicherung dieses Treibhausgases kann eine Option zum Zeitgewinn bei der Entwicklung und Einführung CO_2 -freier Energietechnologien darstellen. Allerdings muss man wissen: Welche Prozesse werden durch die Speicherung im Untergrund ausgelöst und was geschieht mittel- und langfristig mit dem im Untergrund gespeicherten CO_2 ? Genau das wollen wir untersuchen/,“ erklärt Professor Rolf Emmermann, Vorstandsvorsitzender des GFZ Potsdam. „/Die Menge CO_2 , die wir dort jährlich speichern wollen, entspricht dabei der Menge Kohlendioxid, welche die Potsdamer Bevölkerung pro Jahr ausatmet. Diese — verglichen mit dem gesamten CO_2 -Ausstoß in Deutschland — marginalen Mengen werden ausreichen, wichtige Erkenntnisse über die Injektionstechnologie, über die Sicherheit des Speichers und über mögliche Langfristrisiken und — kosten zu gewinnen/.“

Verwendet wird CO_2 mit einem Reinheitsgrad von 99,9%, welches normalerweise in Getränken wie Mineralwässern und Bier eingesetzt wird.

Ein Labor untertage

Die ausgesuchte Gesteinsformation stellt ein natürliches Labor dar, das sich wegen seiner Geologie gut für das geplante Vorhaben eignet. Bereits in 400 Metern Tiefe über einem ehemaligen Erdgasspeicher befindet sich eine undurchlässige Deckschicht. Der vorgesehene CO_2 -Testspeicher wiederum liegt fast doppelt so tief und weist eine weitere dichte Deckschicht über sich auf. Die Bohrungen finden an einer Stelle statt, an der sich nach aktuellem Kenntnisstand kein Erdgas im Untergrund befindet.

Bei der Bohrung werden Bohrkerne gezogen, aus denen man weitere detaillierte Informationen über die Qualität des Speicherhorizontes und der Abdeckschichten gewinnt. Während der zweijährigen Dauer des Experiments findet eine kontinuierliche Überwachung des Areals von der Oberfläche bis in die Tiefe statt. Es werden Mess-Sonden in die Bohrlöcher eingefahren, um die Eigenschaften der Gesteine in den unterschiedlichen Tiefenlagen mit dreidimensionaler seismologischer Erkundung (ähnlich der Ultraschalldiagnostik in der Medizin) zu quantifizieren. Es kommen geolektrische und thermische Verfahren zum Einsatz, und es werden die Reaktionen des CO_2 mit dem Nebengestein /in-situ /untersucht.

„/Wir setzen hier das gesamte methodische Arsenal der Geowissenschaften ein, um ein umfassendes Bild der stattfindenden Prozesse zu erhalten, denn der wesentliche Aspekt ist die Langzeitsicherheit derartiger Speicher und die dazu notwendige Entwicklung entsprechender Überwachungs­technologien/,“ stellt Professor Emmermann dazu fest.

Safety First: Gründliche Voruntersuchungen sind unerlässlich

Die jetzt beginnende operative Phase hat eine lange Vorgeschichte. Die Lokation des zukünftigen Forschungsspeichers wurde bereits seit Jahren von der Oberfläche bis in die Tiefe untersucht. Seit mehr als zwei Jahren wird die natürliche CO_2 -Abgabe aus dem Boden über dem gesamten Speichergebiet in regelmäßigen Abständen gemessen. Dieses Kohlendioxid entsteht durch die Zersetzung von Biomasse durch Bodenlebewesen und weist eine deutliche jahreszeitliche Variation auf.

Auch die Erkundung der örtlichen Geologie gehörte zu den Vorarbeiten. Um eventuelle zukünftige Veränderungen der Geologie aufgrund der Speicherung sofort feststellen zu können, wurde vorab eine aufwändige dreidimensionale seismische Erkundung durchgeführt.

Nach Abschluss des Projekts wird sich die Option „CO_2 zurück in die Erde“ auf einer fundierten Datenbasis beurteilen lassen.

Media Contact

Franz Ossing GFZ

Weitere Informationen:

http://www.gfz-potsdam.de/news

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues topologisches Metamaterial

… verstärkt Schallwellen exponentiell. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am niederländischen Forschungsinstitut AMOLF haben in einer internationalen Kollaboration ein neuartiges Metamaterial entwickelt, durch das sich Schallwellen auf völlig neue Art und Weise…

Astronomen entdecken starke Magnetfelder

… am Rand des zentralen schwarzen Lochs der Milchstraße. Ein neues Bild des Event Horizon Telescope (EHT) hat starke und geordnete Magnetfelder aufgespürt, die vom Rand des supermassereichen schwarzen Lochs…

Faktor für die Gehirnexpansion beim Menschen

Was unterscheidet uns Menschen von anderen Lebewesen? Der Schlüssel liegt im Neokortex, der äußeren Schicht des Gehirns. Diese Gehirnregion ermöglicht uns abstraktes Denken, Kunst und komplexe Sprache. Ein internationales Forschungsteam…

Partner & Förderer