Erste Daten aus eisigen Wolken

SCOUT-O3 Konferenz in Jülich zu ersten Ergebnissen der Flugmesskampagne in Australien

Klimaexperten des Forschungszentrums Jülich, der University Cambridge und der ETH Zürich leiteten Ende 2005 die internationale Messkampagne SCOUT- 03 Tropics im Norden Australiens. Sie durchflogen tropische Gewittertürme, um mehr über den Austausch von Spuren- und Treibhausgasen zwischen den Schichten der Atmosphäre zu erfahren. Vom 20. bis zum 24. März diskutieren die europäischen Atmosphärenforscher am Forschungszentrum Jülich nun die Ergebnisse des SCOUT-O3 Projektes und der Flugzeugmesskampagne.

Das von der EU geförderte Forschungsprojekt SCOUT-O3 untersucht, wie sich die stratosphärische Ozonschicht in den kommenden Jahrzehnten unter den Bedingungen des globalen Wandels ändern wird. Damit können die Wissenschaftler Erkenntnisse liefern, die eine globale Einschätzung zum Ozonabbau und Klimawandel ermöglichen.

Insgesamt neun mal starteten im November und Dezember letzten Jahres das russische Höhenforschungsflugzeug Geophysica und die Falcon des DLR, vollgepackt mit wissenschaftlichen Instrumenten, zu Messflügen in die untere (Troposphäre) und obere Atmosphäre (Stratosphäre) über Darwin in Nordaustralien.

Heute, drei Monate nach diesem Experiment, sind die Flugzeuge und die Instrumente zurück in Europa, die Daten aufgearbeitet und ersten Analysen und Interpretationen vollzogen. Was haben die Wissenschaftler in diesem Großexperiment über die tropische Atmosphäre gelernt?

„Ein Schwerpunkt der Untersuchungen war, herauszufinden, wie Wolken – Gewittertürme und Zirren – den Transport von Wasser in die Stratosphäre bestimmen,“ erklärt Dr. Cornelius Schiller, Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich und Leiter des Projektes in Australien.

„Generell wurden über Darwin an der Unterkante der Stratosphäre sehr niedrige Wasserkonzentrationen gemessen – mit die niedrigsten, die weltweit in der Troposphäre und Stratosphäre beobachtet wurden“, erläutert Schiller. Grund sind die sehr niedrigen Temperaturen in dieser Höhe, die zur Bildung von Eiswolken führen, deren winzige Kristalle wie Schnee nach unten fallen und so extrem trockene Luftmassen zurücklassen. Wenn jedoch Gewitterwolken bis in solche sehr trockene Luftmassen „hineinschießen“, können diese Eiskristalle an Ort und Stelle verdampfen und so ihre Umgebung wieder befeuchten. Dass solche feuchteren Luftmassen in der Nähe von Gewittern gefunden wurden, zeigt, dass Luft effektiv und schnell in solchen Systemen aus niedrigen Höhen bis in die Stratosphäre transportiert wird.

Genau darüber wollten die Wissenschaftler während ihrer Flugzeugmesskampagne über dem tropischen Teil Australiens mehr erfahren. Dabei kommt den Tropen eine besondere Bedeutung zu, da hier der Austausch von Luftmassen von der Troposphäre in die Stratosphäre erfolgt. Sie sind damit die Quellregion für viele Spurenstoffe wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe, Stickoxide und Wasser, welche die Ozonchemie in der Stratosphäre global beeinflussen. Im Fokus der Messkampagne in Australien standen Gewittertürme, die sich am „top end“ Australiens in dieser Jahreszeit nahezu täglich bis in 20 Kilometer Höhe ausbilden. Die gewaltigen Gewittertürme transportieren diese Luftmassen innerhalb von kurzer Zeit direkt bis in die Stratosphäre. Aber nicht nur Wasser – auch andere Spurengase werden in den Tropen in die Stratosphäre gepumpt, darunter Halogenverbindungen, die global die Ozonschicht angreifen. „Besonderes Augenmerk der SCOUT-O3-Untersuchungen lag auf Bromverbindungen, von denen in letzter Zeit vermutet wird, dass weit mehr von ihnen in den Tropen in die Stratosphäre gelangen könnten, als uns Modelle vorhersagen“, erklärt Cornelius Schiller. Zu den SCOUT-O3 Ergebnissen berichtet Dr. Fred Stroh, Leiter der Jülicher Messungen von Halogenen: „Auch wenn diese Messungen extrem schwierig sind: Einen solchen zusätzlichen Eintrag bromierter Substanzen, wie in verschiedenen Studien postuliert, konnten wir in unseren Tropenmessungen nicht nachweisen.“ Eine gute Nachricht für die stratosphärische Ozonschicht.

Obwohl bereits wenige Monate nach Abschluss der Messungen wichtige Ergebnisse erzielt wurden, liegt der größte Teil der Auswertung noch vor den Wissenschaftlern. „Jetzt gilt es, diese Ergebnisse – zusammen mit den vielen anderen Messungen während dieser erfolgreichen Kampagne – in Modelle einzubauen und so vorher aufgestellte Hypothesen entweder zu bestätigen oder neue, bisher unbekannte Prozesse zu identifizieren,“ macht Prof. Martin Riese, Direktor am Institut für Chemie und Dynamik der Geosphäre I deutlich. Die SCOUT-O3 Tagung ist wesentlicher Teil, um den vielen beteiligten Gruppen ein Diskussionsforum zu bieten. Nur so können die Ergebnisse eines solchen Experimentes belastbar bewertet werden und in internationale Protokolle und Vereinbarungen zum Schutz der Atmosphäre einfließen.

Pressekontakt:

Angela Lindner, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, Forschungszentrum Jülich, 52425 Jülich Tel. 02461 61-4661, Fax 02461 61-4666, E-Mail: a.lindner@fz-juelich.de

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