IODP-Wissenschaftler heben "Schatz" der Klimageschichte vor der Küste Tahitis

Forscher beproben beispielhafte Korallenfossilien zur Dokumentierung von paläoklimatischen Änderungen

Ein vom Integrierten Ozean-Bohrprogramm (Integrated Ocean Drilling Program, IODP) unterstütztes internationales Wissenschaftler-Team traf sich an der Universität Bremen zur Analyse von Probenfunden aus Korallenfossilien, die im Oktober und November 2005 aus tahitischen Gewässern geborgen wurden. Vor zwei Wochen begann die von französischen und japanischen wissenschafltichen Leitern geführte Gruppe mit ihrer für mindestens ein Jahr vorgesehenen Untersuchung der 632 Meter an Fossilienmaterial, das sie aus 37 Bohrlöchern unter dem Ozeanboden geborgen hatte. Die erste Schlussfolgerung ist, dass während der IODP-Tahiti-Meeresspiegel-Expedition der bislang genaueste verfügbare physikalische Nachweis über die Veränderung des Meeresspiegels während des letzten Abschmelzens zusammengetragen wurde, darunter auch eine vollständige Erfassung der Temperatur- und Salzgehaltsänderungen im südlichen Pazifik.

Der wissenschaftliche Leiter Gilbert Camoin vom französischen Geowissenschaftsforschungszentrum CEREGE fasste den Erfolg der Expedition so zusammen: „Tahiti stellt uns einen Datenschatz zur Verfügung, in denen die Meeresspiegeländerungen der etwa 20.000 vergangenen Jahre aufgezeichnet sind. Da Korallen extrem sensibel auf klimatische Veränderungen reagieren, sind wir (durch das Öffnen der erbohrten Korallenriffbohrkerne) in der Lage, bessere, sehr genaueDaten zum Riffwachstum während des Meeresspiegelanstiegs nach dem Höhepunkt der letzten Eiszeit vor 23.000 Jahren zu erhalten.“ Camoin erklärt, dass Tahiti aufgrund seiner einzigartigen Geologie und Lage für diese Expedition ausgewählt wurde: als relativ stabile Vulkaninsel versinkt Tahiti gleichmässig mit einer Geschwindigkeit von nur 0,25 mm pro Jahr und befindet sich durch die Position im Südpazifik weit von den zuvor vergletscherten Regionen entfernt. „Tahiti repräsentiert einen Mikrokosmos, in dem sich all das widerspiegelt, was heute global in der Paläoklimatologie geschieht,“ erklärt er.

Der japanische wissenschaftliche Leiter Yasufumi Iryu von der Universität Tohoku lobt die Qualität der gewonnenen Bohrkerne. „Der längste durchgehende Korallenbohrkern, den wir bergen konnten misst 3,5 Meter,“ bestätigt er. „Das entspricht etwa 350 Jahre Korallenwachstum.“ Als lückenlose und zuverlässige Klimadokumente stehen massive Korallenproben (nur fünf Prozent des erbohrten Materials) bei den wissenschaftlichen Forschern hoch im Kurs, da sie Klimaschwankungen aufzeichnen sowie die Häufigkeit und den Umfang klimatischer Unregelmässigkeiten wie beispielsweise El Niño im Detail widerspiegeln.“

„Unser Ziel hochauflösende Paläoklimadokumente zu gewinnen, wurde voll erreicht,“ erklärt Camoin. „Bei der Untersuchung der massiven Korallenkerne aus 40 bis 120 Metern unter dem Meeresspiegel identifizieren wir jeweils einen Zentimeter breite Paare von hellen und dunklen Bändern , die jeweils einem Jahr Wachstum entsprechen.“ Camoin zufolge zeichnen Korallenfossilien Altersinformationen in ihren Furchen auf. „Mithilfe von radiometrischen Methoden können wir das Alter eines Korallenfossils mit einer Abweichung von 30 Jahren bestimmen.“ Iryu, Spezialist für El Niño-Anomalien stimmt zu, dass die Informationen zu Altern und Wassertiefen von den Korallenriffbohrkernen einfach, aber wichtig sind. Er bestätigt ausserdem: „Wir haben lebende Mikroben (Bakterien) analysiert, die in Hohlräumen innerhalb der tiefen Korallenriffe leben. Diese Proben wurden während der Expedition entnommen und für spätere DNA-Sequenzierung eingefroren.“

„Korallenriffe stellen das reichste und empfindlichste Ökosystem der Erde dar,“ erläutert Camoin. Er weist darauf, dass es immer weniger Korallenriffe gibt und die Hälfte aller Riffe voraussichtlich in den nächsten Jahrzehnten verschwinden werden: „Korallenriffe spielen eine herausragende Rolle bei globalen Kreisläufen,“ versichert Camoin.

Die IODP-Expedition 310 wurde vom Europäischen Konsortium für wissenschaftliche Ozeanbohrung (ECORD), durch ESO, einem der drei regionalen IODP-Bohroperatoren und Spezialist für missionsspezifische Plattform-Operationen durchgeführt. ECORD vertritt 17 Nationen und unterstützt IODP als Beitrag leistendes Mitglied. Eine Teilnehmerliste sowie deren Kontaktdaten finden Sie unter http://www.ecord.org/exp/tahiti/310.html.

Das Integrierte Ozeanbohrprogramm (IODP) ist ein internationales Meeresforschungsprogramm, das primär von den USA und Japan, von National Science Foundation (NSF) sowie dem Ministerium für Wissenschaft, Bildung, Kultur, Sport, Wissenschaft und Technik (CDEX). Auf IODP-Expeditionen wird der Meeresboden durch Bohrungen beprobt. Die Ergebnisse tragen wesentlich zu einem besseren wissenschaftlichen Verständnis des Systems Erde bei.

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Albert Gerdes, presseportal

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