Enge Kopplung zwischen Klima und Treibhausgasen in der Vergangenheit

Ansetzen des Eisbohrers im antarktischen Festlandeis. Foto: Sepp Kipfstuhl, Alfred-Wegener-Institut.

Noch nie in den letzten 650.000 Jahren waren die Treibhausgas Konzentrationen so hoch wie heute. Die warmen Klimaperioden im Zeitraum vor 650.000-420.000 Jahren wiesen sogar geringere Kohlendioxid und Methan Konzentrationen auf als in den darauf folgenden Warmzeiten. Zu dieser Aussage kommt ein europäisches Forscherteam unter Mitarbeit von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung nach der Auswertung eines antarktischen Eiskerns. Die Ergebnisse erweitern die bisher bekannten Daten zu den historischen Konzentrationen von Kohlendioxid-, Methan- und Lachgas in der Atmosphäre um 250.000 Jahre.

In zwei Publikationen im Wissenschaftsmagazin Science zeigen Forscher der Universität Bern zusammen mit ihren Kollegen aus Frankreich und Deutschland, dass geringere Treibhausgaskonzentrationen in den letzten 650.000 Jahren auch mit kühleren Bedingungen verknüpft waren. „Die Kopplung zwischen Temperatur und Kohlendioxid beziehungsweise Methan Konzentrationen in der Vergangenheit ist zeitlich erstaunlich konstant. Erst durch den Einfluss des Menschen in den letzten Jahrhunderten wurden atmosphärische Treibhausgase über ihre natürlichen Grenzen hinaus erhöht“, erläutert Dr. Hubertus Fischer vom Alfred-Wegener-Institut. Prof. Dr. Thomas Stocker vom Physikalischen Institut der Universität Bern in der Schweiz fügt hinzu: „Die Analyse streicht die Tatsache heraus, dass die heutige Konzentration von atmosphärischem Kohlendioxid mit 0,38 Volumenpromille bereits 27 Prozent höher liegt als der höchste aufgezeichnete Stand während der letzten 650.000 Jahre.“

Der Eiskern wurde im Rahmen des European Project for Ice Coring in Antarctica (EPICA) auf dem antarktischen Plateau bei der Sommerstation Dome C erbohrt. Eiskerne gehen letztlich auf einzelne Schneefälle zurück, aus denen sich im Laufe der Zeit Gletschereis entwickelte. Ungefähr zehn Prozent des Volumens eines Eiskerns bestehen aus zwischen den Eiskristallen eingeschlossenen Luftblasen. Aus der Analyse der eingeschlossenen Luft sowie der chemischen Zusammensetzung und der physikalischen Eigenschaften des Eises können die Wissenschaftler auf die Zusammenhänge zwischen Prozessen in der Atmosphäre und Klimaänderungen in der Vergangenheit schließen.

Die Bohrung auf Dome C wurde im vergangenen Winter zu Ende geführt. Somit steht für weitere Messungen noch älteres Eis zur Verfügung. Die Glaziologen schätzen, dass in den noch nicht analysierten Eiskernen die ungestörte Klimageschichte bis zu einem Alter von ungefähr 900.000 Jahren gespeichert ist. Das Projekt EPICA wird von einem Konsortium aus zehn europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz) durchgeführt. EPICA wird unter dem Dach der European Science Foundation (ESF) koordiniert und durch die beteiligten Länder und die Europäische Union finanziert. Ziel von EPICA ist es, im Inlandeis der Antarktis zwei Eiskerne zu erbohren, die bis zum Felsuntergrund reichen. Neben der Bohrung an Dome C (75° 06’S, 123° 21’O) wird auch bei der Kohnen-Station im Dronning Maud Land (75°00’S, 00°04’O) eine Bohrung niedergebracht, die mittlerweile eine Tiefe von 2565 Metern erreicht hat.

Das Alfred-Wegener-Institut ist deutscher Partner des Projektes EPICA und trägt die Verantwortung für die Bohrung in Dronning Maud Land. Derzeit befinden sich die europäischen Forscher wieder in der Antarktis, um die Bohrung an dieser Saison zu beenden und den Felsuntergrund zu erreichen. Das Projekt EPICA ist eines der Kernprojekte im Rahmen des Forschungskonzeptes „Meeres-, Küsten- und Polarsysteme“ im Forschungsbereich „Erde und Umwelt“ der Helmholtz-Gemeinschaft. Dr. Hubertus Fischer leitet eine Nachwuchsforschergruppe am Alfred-Wegener-Institut und koordiniert europäische Arbeitsgruppen, die sich mit der Untersuchung der in Eiskernen eingeschlossenen Luft befassen.

Die Artikel „Stable Carbon Cycle-Climate Relationship During the Late Pleistocene“ und „Atmospheric Methane and Nitrous Oxide of the Late Pleistocene from Antarctic Ice Cores“ werden am 25. November in „Science“ (Vol. 310; Issue 5752) veröffentlicht.

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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Dr Andreas Wohltmann idw

Weitere Informationen:

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