Zündende Idee für feuerfesten Werkstoff: Neues Herstellungsverfahren für Mullit

Es funkelt in zahlreichen Vitrinen, und auch in Porzellan, Steingut oder in den Schamottsteinen im Kamin ist es enthalten: Mullit, ein Mineral, das in der Natur nur sehr selten vorkommt und daher synthetisch hergestellt werden muss. Die einzige ergiebige Lagerstätte liegt auf der schottischen Isle of Mull. Daher auch der Name des Kristalls. Zu Pulver gemahlen wird es eingesetzt. Allein in Deutschland werden jährlich unzählige Tonnen dieses feuerfesten Werkstoffes verarbeitet. Aber zuerst einmal muss das Pulver aufwändig hergestellt werden. Das kann künftig einfacher, kostengünstiger, umweltverträglich und qualitativ besser geschehen. Mit ihrer Idee zu einem neuen Herstellungsverfahren haben Wissenschaftler aus dem Fachgebiet Ceramics im Fachbereich Produktionstechnik an der Universität Bremen die Fachleute von der innnoWi GmbH überzeugt. Das Gemeinschaftsunternehmen der Bremer Investitions-Gesellschaft mbH (BIG) und der Bremer Hochschulen kümmert sich um innovative Ideen und deren Vermarktung. Inzwischen hat sie das Patent angemeldet und sucht nach Kunden in der Industrie.

Es war kein eigenes Forschungsprojekt und sie hat auch nicht gezielt danach gesucht. Durch Intuition kam Martina Kühn auf den zündenden Gedanken, der ihr bereits im vergangenen Jahr den ersten Platz beim Campus-Ideen-Wettbewerb einbrachte. Seit Jahren befasst sich die Chemisch-Technische Assistentin im Ceramics-Labor mit Sol-Gel-Verfahren, eine der heute üblichen Herstellungsmethoden für Keramik. Dabei werden – ganz nach dem ’Prinzip Wackelpudding’ – Flüssigkeit und Pulver miteinander zu einem so genannten Sol vermischt und ergeben nach dem Kochen einen Gel. Üblicherweise wird Mullit durch Vermengen von Aluminiumoxidpulver mit Siliciumoxidpulver und anschließendem Sintern bei mindestens 1.650 Grad Celsius hergestellt. Das Sintern ist vergleichbar mit dem Brennen von Ton. Es entsteht ein großer, fester Klumpen Mullit, der dann in einem Mahlvorgang pulverisiert werden muss. Konventionelle Sol-Gel-Verfahren nutzen verschiedene chemische Ausgangssubstanzen und erreichen nach mehreren Reaktionsschritten die Auskristallisation von Mullit.

Martina Kühn setzt auf ein Sol-Gel-Verfahren mit Wasser und einem unbedenklichen Zusatz statt umweltschädlicher Chemikalien sowie auf ein anschließendes Gefriergranulieren: Das Sol wird durch feine Düsen in einen kalten Raum gesprüht, wo die Tröpfchen dann sofort gefrieren. Bei dem anschließenden Sintern genügt eine Temperatur von nur 1.100 Grad Celsius. Dabei entsteht direkt ein hochfeines, sehr reines Mullit-Pulver. Ein Mahlvorgang ist also nicht mehr erforderlich. „So sparen wir Energie und schonen die Umwelt“, sagt Kühn. „Außerdem wird das Verfahren vereinfacht und die Qualität des Produktes ist besser.“ Was in ihren Laborversuchen bislang erfolgreich lief, soll nun in die industrielle Praxis umgesetzt werden. Daher hat sich die innoWi GmbH dieser Entwicklung angenommen. Dort betreut Angela Stemmler das Projekt.

Die Diplom-Biologin hat nach ihren erfolgversprechenden Recherchen zu Neuheit und Markt die Anmeldung zum Patent vorbereitet und begleitet. Nun sucht Stemmler nach Realisierungspartnern in der Industrie. Sie ist von dem Erfolg des Vorhabens überzeugt: „Es bietet gegenüber den herkömmlichen Herstellungsmethoden nur Vorteile“, sagt sie und sieht große Chancen für die Entwicklung. In zwei bis drei Jahren könne das Verfahren zur Marktreife gebracht werden, ist sie sich sicher. „Die beste Idee bringt nichts, wenn sie nicht auch umgesetzt wird“, unterstützt Ceramics-Leiter Prof. Dr.-Ing. Georg Grathwohl das Vorhaben. Eigentlich sei die Idee zur Mullit-Pulver-Herstellung durch Gefriergranulieren eher eine Art Abfallprodukt, das während der wissenschaftlichen Arbeit in den Laboren nebenher entstanden ist. Er freut sich über den Erfolg seines Teams. Schon etliche Patentanmeldungen gehen auf das Konto der kreativen Arbeitsgruppe. „Vieles ist möglich“, sagt er und bedauert: „Leider können wir nicht alles umsetzen.“ Freuen würde er sich daher über eine Entwicklungskooperation mit einem Wirtschaftsunternehmen.

Weitere Informationen:

Martina Kühn (Ceramics, Universität Bremen)
Telefon: 0421 218-47 53, E-Mail: tkuehn@uni-bremen.de

Dipl.-Biol. Angela Stemmler (innoWi)
Telefon: 0421 96 00-716, E-Mail: angela.stemmler@innoWi.de

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Angelika Rockel idw

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