Clearingstelle der geographischen Erkundungen

Erste Internationale Konferenz am Forschungszentrum Gotha beschäftigt sich mit „Petermanns Geographischen Sammlungen“


Vor 150 Jahren erschien in Gotha die erste Nummer der „Mittheilungen aus Justus Perthes’ Geographischer Anstalt“. In der heutigen Managementsprache könnte die weltweit bedeutendste geographische Zeitschrift der zweiten Hälfte des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts als „Clearingstelle der geographischen Erkundungen“ bezeichnet werden.

Die internationale Konferenz „Die Verräumlichung des Welt-Bildes“ will anderthalb Jahrhunderte nach Petermann an historischer Stätte vom 9. bis 11. Oktober 2005 ein Forum bieten, um in einem breiten interdisziplinären Rahmen über Wissenschaft, Raum und Kultur nachzudenken. „Hier sollen die aktuellen Diskussionen zum cultural turn in den Raumwissenschaften und zum spatial turn in den Kulturwissenschaften weitergeführt werden. Die Bestände der Sammlung Perthes Gotha und „Petermanns Geographische Mitteilungen“ bieten dazu einen ideellen wie materiellen Hintergrund“, so der Direktor des Forschungszentrums Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt, Prof. Dr. Peer Schmidt. Für das Forschungszentrum ist es die erste große wissenschaftliche Tagung, die gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Länderkunde Leipzig und mit finanzieller Unterstützung der VolkswagenStiftung auf Schloss Friedenstein ausgerichtet wird. Rund 100 Teilnehmer, darunter renommierte Referenten aus ganz Europa, den USA und Brasilien, werden dazu in Gotha erwartet.

Der Verlag Justus Perthes wurde 1785 in Gotha gegründet. In den Anfangsjahren war der berühmte „Gotha“ das wichtigste Standbein des Unternehmens. Im 19. Jahrhundert etablierte sich das Verlagshaus schließlich als geographischer Fachverlag. Besonders durch die innovative und meisterhafte Kartenproduktion gelang es, eine führende Marktposition zu sichern. „Stielers Handatlas“, der bis heute in seiner Liebe zum Detail unübertroffene Weltatlas, die bekannten Schulwandkarten und „Petermanns Mitteilungen“ waren die Säulen dieses wissenschaftlichen und unternehmerischen Erfolgs.

August Petermann (1822-1878), die markanteste Figur der deutschen Geographiegeschichte des mittleren 19. Jahrhunderts, kam 1854 aus London in die kleine Residenzstadt Gotha und trat in den Perthes-Verlag ein. Durch zahlreiche internationale Kontakte schuf er ein tragfähiges und konkurrenzloses Kommunikationsnetzwerk. Mit seiner rastlosen Tätigkeit beeinflusste Petermann so für zwei Jahrzehnte von Gotha aus maßgeblich die deutschsprachige und zum Teil auch die internationale geographische Forschungs- und Publikationsszene.

„Petermanns Geographische Mitteilungen“ berichtete in den ersten Jahren intensiv über die wissenschaftliche Erkundung der letzten „weißen Flecken“ der Erde, so über die großen Afrikaexpeditionen von Heinrich Barth und über die Erforschung Australiens und der Polarregionen. In Gotha wurden alle Informationen zusammengetragen und wissenschaftlich ergänzt. Das Erfolgsrezept beruhte auf der Verbindung von originalen Forschungsberichten aus aller Welt, die exklusiv in den Mitteilungen erschienen, mit einer exzellenten kartographischen Visualisierung. Neben dem Fachpublikum bediente die Zeitschrift stets ein großes bildungsbürgerliches Publikum in ganz Europa. Durch „Petermanns Geographische Mitteilungen“ erlangten Gotha und das Verlagshaus Perthes Weltruhm.

Die in ihrer Überlieferungsdichte weltweit einzigartige Sammlung Perthes Gotha wurde Anfang 2003 mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder vom Freistaat Thüringen erworben. Die Sammlung setzt sich aus der umfangreichen Kartensammlung, der Verlagsbibliothek und dem Verlagsarchiv zusammen und soll innerhalb der Forschungsbibliothek Gotha erschlossen werden.

Der Tagungsort Schloss Friedenstein wurde zwischen 1643 und 1655 von Herzog Ernst I. von Sachsen-Gotha („Ernst der Fromme“) erbaut. Die Gothaer Herzöge hegten eine besondere Leidenschaft für Kunst und Kultur. Die von ihnen auf Schloss Friedenstein angelegte Sammlung kostbarer Bücher und Handschriften zählt heute zu den größten historischen Bibliotheken in Deutschland.

Weitere Informationen/Kontakt und Anmeldung:
Forschungszentrum Gotha für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien der Universität Erfurt; Dr. Bruno Schelhaas;
Bruno.schelhaas@uni-erfurt.de; Tel.: 0361-737 44 25

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Jens Panse idw

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